Live-Reisebericht aus Florida von Sjoetroll !

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Jens

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Hi,

gestern nacht habe ich noch einen ersten Reisebericht von sjoetroll via Mail bekommen - er hat die Gunst eines regnerischen Tages genutzt und läßt uns an seinem Urlaub teilhaben - inkl. Fotos - Kommentare sind sicher willkommen ;)

Sjoetroll, wenn Du möchtest, kannst Du auch immer direkt deine Erlebnisse hier weiter posten und mir direkt die Bilder schicken - ich baue sie dann so schnell wie möglich ein :D Am Ende deines Urlaubs (ich möchte auch 4 Wochen in der Sonne sein 8) ) packen wir alle deine Bilder in die Fotogalerie !

Viel Spaß Euch allen beim Lesen !

Endlich Urlaub - oder wie Einer, der auszog, in Florida das Fürchten zu lernen...

Sämtliche Buchungen sind seit langer Zeit getätigt, d.h. Fly & Drive mit Explorer Fernreisen, 4 Wochen Florida, erste Übernachtung im Red Roof Inn-Hotel in Flughafennähe in Miami, Auto (Economy- Kleinwagen, Größe etwa vergleichbar mit Opel Corsa); Gesamtsumme für Flug und Auto und 1. Nacht im Hotel für 2 Personen = 1.350.- Euro, Holiday Inn-Hotel, gebucht mit Neckermann, Cocoa Beach, ca. 65 Meilen östlich von Orlando, direkt am Atlantik-Strand, 12 Tage, für etwa 450 Euro,


28. Februar 2005

Tag der Abreise. In der Nacht vor der Abreise hatten wir auf unserem Maxima/Minima-Thermometer den unlustigen Wert von – 17,8 °C verzeichnet, die Heizung läuft auf vollen Touren. Ich habe Bedenken, dass der Busfahrer, der den Bus bei sich im Freien über Nacht geparkt hat, diesen überhaupt gestartet bekommt, um uns damit ins 130 Kilometer entfernte Frankfurt/Main zu befördern. Doch es gab keine derartigen Probleme, sodass wir den Frankfurter Flughafen pünktlich 2 Stunden vor Abflug des Fluges 917 der United Arlines erreichten. Nach dem Passieren von mindestens 5 Kontrollstellen saßen wir endlich in der Abflughalle. Das Personal beim Einchecken ließ verlauten, die Maschine wäre stark überbucht und dass eine Reihe von gebuchten Plätzen sicher nicht realisierbar wären und die Fluggäste wohl am Boden bleiben müssten. In mir keimte ein Gedanke auf: „Wir treten freiwillig zurück und lassen uns von United Airlines eine Nacht im Hotel in Frankfurt bezahlen, sowie eine Entschädigung von 650 Euro pro Person und fliegen eben einen Tag später. Das gebuchte Hotel in Amerika sowie den Autoverleiher, Alamo, könnte man anrufen und alles für einen Tag später umbuchen.
Meine Frau, die mich inzwischen seit 33 Jahren ehemäßig ertragen muss und meine Gedanken lesen kann, zischte nur:„Trau dich, wir fliegen jetzt!“.

Also war’s nix mit einem kleinem aber feinem Geschäft nebenbei.

Es war wirklich so, die Maschine, ein Jumbo 747, war bis auf den allerletzten Platz besetzt. Wir hatten 2 nebeneinander liegende Gangplätze, was das Platzangebot etwas erweiterte.
Wir hatten von zuhause 2 Kopfhörer mitgebracht, um uns die während des Fluges gezeigten Filme mit Ton anzuschauen. Allerdings wurde daraus nichts (zumindest nicht auf dem Platz meiner Frau), da wegen eines technischen Defektes es dort keinen Ton gab. Meine Frau bat die Flugbegleiterin, nach dem Problem zu schauen, aber vergebens. Nach einem Versuch kam die Stewardess mit einem Formular zurück und bat meine Frau und ihre Sitznachbarin, die das gleiche Problem hatte,. dies auszufüllen. Auf den verwunderten Blick meiner Frau sagte die Stewardess: „Für diesen Service-Mangel zahlen wir Ihnen 75 Dollar“! So schnell hat meine Frau wohl noch nie ein Formular ausgefüllt! Wir tauschten die Sitzplätze, da ich an dem Film sowieso nicht interessiert war, und meine Frau war glücklich.

Die Landung in Washington Dulles war etwa 25 Minuten verspätet, da in Frankfurt noch auf verspätete Passagiere gewartet wurde.
Ich hatte gewisse Sorgen, noch den Anschlussflug nach Miami zu kriegen, da wir planmäßig hierfür nur etwa 90 Minuten hatten. Trotzdem ging alles relativ zügig, beim Zoll und auch bei der Immigrations-Abteilung, obwohl etwa 150 Personen in der Halle Schlange standen. Der Starbucks-Kaffee (natürlich im Styroporbecher) und ein Sub-Sandwich mit Käse und Schinken kostete 17,50 Dollar und war nicht der Rede Wert, soll heißen: Aldis Rache schmeckt immer noch um Klassen besser!

Der Weiterflug nach Miami verlief ohne Vorkommnisse, jedoch kroch uns die Müdigkeit immer tiefer in die Knochen.

In Miami angekommen, es war mittlerweile fast 23 Uhr amerikanischer Zeit, nahmen wir unser Gepäck in Empfang. Zum Glück war alles da, jedoch einer unser vor 2 Wochen gekauften Koffer hatte ein paar unschöne Ölflecken. Hierfür gab United ohne viel Federlesen einen Gutschein über 25 Dollar.

Da wir inzwischen sehr müde waren, entschlossen wir uns, Alamo anzurufen , um Bescheid zu sagen, dass wir erst im Hotel übernachten würden und erst am nächsten Tag das Auto holen würden. Der Alamo-Schalter war im Gegensatz zu den meisten anderen Autoverleihern natürlich nicht besetzt . In der Ausgangshalle, gleich neben den Schaltern der Autovermieter, gibt es eine Reihe Telefone, von denen man Autoverleiher und Hotels umsonst anrufen kann. Das Hotel war leicht erreichbar und man versicherte mir, dass wie immer wir uns entscheiden würden, egal ob Auto abholen zuerst oder Übernachtung zuerst, unser Zimmer würde für uns freigehalten werden.

Die Verbindung mit Alamo war nicht herzustellen und da wir nicht Gefahr laufen wollten, am nächsten Tag kein Auto zu haben, entschlossen wir uns, den in halbstündigem Abstand auftauchenden Alamo-Bus zu nehmen und ca. 2-3 Meilen weit zur Alamo-Abholstelle karren zu lassen.

Dort angekommen, sahen wir, dass bereits etwa 40 Personen, auf Abfertigung wartend, Schlange standen. Ich hatte von Deutschland ein paar Tage früher einen Zettel ausgefüllt mit Namen, Anschrift, Kreditkartennummer, sowie sonstigen Informationen, die die Abfertigung beschleunigen, zu Alamo in Miami gefaxt. Dieser Zettel berechtigte uns, den Express-Schalter zu benutzen, an dem keine einzige Seele stand. Ich zeigte den Zettel am Informationsschalter vor und fragte nach dem gewissen Express-Service. Ich wurde regelrecht zum Express-Schalter hofiert (ein Wunder, dass nicht 2 Träger mit einer Sänfte auftauchten!).

Am Express-Schalter angekommen, begrüßte ich die dahinter befindliche Dame mit einem „Buenos Dias“, was mir ein freundliches Lächeln und ebenfalls ein „Buenos Dias“ einbrachte. Ich hatte vor unserer Heirat mal eine Mexikanerin poussiert und jetzt und auch später sollte sich mein bisschen Latino-Sprachwissen, da die Gegend um Miami weitgehend aus Südamerikanern zu bestehen scheint, auszahlen!
Sie behandelte mich (meine Frau zog es vor, weiter hinten im Raum zu warten), ausgesucht zuvorkommend und bedeutete mir, dass sie tatsächlich einen Eco-Car zur Verfügung hatte. Ich hatte insgeheim gehofft, umsonst ein Upgrade zu bekommen und sah nun meine Chancen schwinden. Auf meine Frage, ob wir denn 3 Koffer, verschiedene Taschen und sonstiges Gepäck im Kofferraum unterbringen könnten, da ich das nicht auf dem Rücksitz während der vielen Meilen, die wir vorhatten, in Florida abzuspulen, öffentlich sichtbar lagern wollten, lächelte sie mich mit tiefbraunen, treuherzigen Augen an und sagte: „You know what, I’ll give you an upgrade to full size free of charge“!
Mich hätte das fast umgehauen! Sie änderte den vorbezahlten Vertrag entsprechend und erwähnte, das Auto wäre vollgetankt und wir sollten es mit möglichst leerem Tank am Ende des Urlaubs zurück bringen. Dieser Service kostete uns 35 Dollar extra, welche ich liebend gerne bezahlte. Bei der Verabschiedung fragte ich sie nach ihrem Namen, da ich vorhätte, ob des großartigen Service ein Belobigungsschreiben an Mr. Alamo persönlich zu schreiben. Sie sagte:“Please do, my name is Lilly“!
Das Auto, das wir frischgewaschen ausgehändigt bekamen, war ein geräumiger Chevrolet Impala, hatte 8.800 Meilen auf dem Tacho (sehr komfortabel und voll ausgerüstet mit cruise control ((Tempomat)), usw.
Wir beschlossen spontan, dem Auto einen Namen zu geben, nämlich: „Lilly“ :

sjoetroll002.jpg



Die Fahrt zum Hotel war kurz, obwohl wir uns ein paar Mal verfuhren, wir hatten zu der Zeit noch nicht den Laptop mit dem Navigationsprogramm völlig eingerichtet.
Das Hotel war frisch renoviert, Standardklasse, sauber.

1. März 2005

Wetter: Sonnig, strahlend blauer Himmel, Temperaturen ca. 24 °C.
Das Frühstück bestand aus Fruchtsäften, brötchenähnlichen Dingern (Bagles), Butter, Marmelade, Zimtschnecken und Kaffee, also alles nichts für Kalorienbewusste.

Am nächsten Tag wollten wir mit den Angaben des Hotelpersonals in Richtung Key West aufbrechen. Irgendwo hatte das Personal wohl in der selbstgezeichneten Karte einen Fehler gemacht, denn wir kreisten in ca. 2 Kilometer Abstand immer um das Hotel herum. Nach dem 3. Mal Umdrehen in einem Fabrikgelände kam ein Security Guard so nach Manier eines Sheriffs und störte unser Kartenstudium mit einem deutlichen: „Can I help you“? Als wir ihm bedeuteten, dass wir nur nach Key West wollten und nicht vorhätten, sein Fabrikgelände auszuspionieren, taute er etwas auf und gab uns Ratschläge, wie wir den Weg aus Miami heraus am besten finden könnten. Trotz seiner Empfehlungen schlossen wir jetzt den Laptop mit dem Navigator an und ließen uns von diesem sicher aus der Stadt heraus und auf die Route 1 führen.

Irgendwo auf einer der Inseln auf der Strecke nach KW hielten wir an einem KFC-Schuppen, um das langsam aufkommende Hungergefühl zu stillen.
Wir bestellten jeder 3 pices of chicken, crisp, spicy, coleslaw, french fries, and a medium diet coke.
Wir bekamen 3 pieces of chicken, nicht crisp, sondern wabbelig, nicht spicy, coleslaw, mashed potatoe and gravy. Auf meinen Protest und langem Hin und Her gab es dann zwar keine Pommes, jedoch wenigstens frittierte potatoe wedges, die wenigstens eine gewisse Ähnlichkeit mit Pommes hatten.
Am Tisch sitzend fanden wir nach dem ersten Bissen heraus, dass die Hähnchenteile keinerlei Ähnlichkeit mit Knusprigkeit und Schärfe hatten. Da ich schon vorher die ganze Zeit mit der Bedienung hinter dem Tresen herumdebattiert hatte und die Schlange der Wartenden hinter uns immer länger wurde, wollte ich nicht noch mal die ganze Prozedur durchgehen. Ich bin seit etwa 35 Jahren von Beruf Technischer Dolmetscher/Übersetzer für u.a. Englisch (amerikanisches Englisch) und war über diesen Zeitraum bei dem in Deutschland stationierten Militär beschäftigt, kenne also die Sprache und die Gebräuche aus dem Effeff.

Ich bilde mir ein, dass die Sprachschwierigkeiten nicht an mir lagen, sondern an der Unwissenheit des Personals, das nur eine Menünummer in die Kasse eingeben kann, z.B. Menü 35, und sonst nichts. Ähnliches ist mir allerdings auch schon in San Diego bei MacDonalds passiert. Ich wollte einen einzelnen Hamburger, sonst nichts. Die Antwort:“Sowas haben wir hier nicht, Sie können ein Menü bestellen“!
GRRRRRRR. Wie mag sich wohl ein Tourist fühlen, der der Sprache kaum oder gar nicht mächtig ist ????

Nachdem ich also wenigstens frittierte Kartoffelkeile bekam, statt des Kartoffelbreis, bestellte ich für unterwegs das Sonderangebot bestehend aus 13 Hähnchenteilen für 13 Dollar, mit der Maßgabe, dies genau so auszuführen.

Ratet doch mal, was wir beim Öffnen der Tüte unterwegs sahen?? Kartoffelbrei en Mass, die Hähnchenteile gingen, wenigstens waren sie „crisp“.

Unterwegs, etwa bei der 7-Mile-Bridge, bemerkte meine Frau plötzlich springende Delfine. Wir sollten am nächsten Tag im Radio hören, dass hier in der Nähe etwa 70 Tiere gestrandet und 30 verendet waren.

Nach etwa 4 Stunden nach der Abfahrt in Miami erreichten wir Big Pine Key. Am Anfang der Insel gab es ein kürzlich eröffnetes Informationszentrum in Form eines Schwedenhauses (auch in den Farben Gelb und Blau), das wir ansteuerten.

sjoetroll004.jpg


Das Personal, bestehend aus einem jungen Mann und einer jungen Frau namens Penny, war uns bei der Zimmersuche auf Key West sehr behilflich. Übrigens, wer hier seinen Laptop mit WLAN-Anschluss dabei hat, kann sich umsonst ins Internet einloggen! Wir hatten in Deutschland vorher wochenlang versucht, auf Key West ein Zimmer etwas zu buchen—entweder war alles besetzt oder unerschwinglich teuer = 199 – 400 Dollar pro Nacht! Penny schaffte es dennoch, auf Key West ein Zimmer für eine Nacht (länger wollten wir es ja auch nicht!) zu besorgen. Das Zimmer war im Seashell Motel (Teil einer Jugendherberge), kostete 89 Dollar plus Tax.
Den Sonnenuntergang auf KW verpassten wir leider um einige Minuten, dafür war aber am Pier einiges los (live Reggae-Musik, usw.)

sjoetroll001.jpg


Das Hotelzimmer war eher schlicht und alt, aber was soll’s, für eine Nacht ging es.

2. März 2005

Auch heute schönster Sonnenschein, Temperaturen wie gestern, aber das sollte sich bald ändern.

Eine Rundwanderung durch Key Wests sehenswerte Lokalitäten (Hemingways Haus durfte natürlich nicht fehlen!). Ganz schön nobel gewohnt, der alte Knabe!
Rückfahrt gegen Mittag von KW gen Norden, dem ab dem 3.3.2005 im Holiday Inn in Cocoa Beach (ca. 190 Meilen nördlich von Miami für 12 Tagen gebuchten Zimmer entgegen.

Auf Key Largo piepst plötzlich das von D mitgebrachte Handy (hier cellular phone genannt). Eine Nachricht von zu Hause besagt, dass wir uns schnell geschäftlich melden sollten. Da ich für das Handy nur eine Prepaid-Karte habe, die schnell aufgebraucht sein würde (hatte zwar eine 2. vorbezahlte Reservenummer dabei), hieß es an der nächsten Tankstelle halten und eine der hier üblichen calling cards gekauft. Beim Kauf sollte man vergleichen, da man leicht ein relativ schlechtes Geschäft eingeht, jede Karte bietet andere Möglichkeiten, z.B. manche buchen automatisch eine tägliche Grundgebühr ab, die den Wert der Karte schnell schmälert, andere bieten schlechte Auslandskonditionen, usw. Aber egal, wir waren im Zeitdruck (im Urlaub grrrr!!!) und so wurde die erstbeste Karte für 10 Dollar gekauft. Nachdem die Telefonate erledigt waren, hatten wir keine Lust weiterzufahren, es war auch schon später Nachmittag.

sjoetroll003.jpg


Das nächst erreichbare Hotel war das Holiday Inn auf Key Largo, der Preis war heftig—199 Dollar/Nacht plus Steuer, natürlich. Wir verneinten dankend.
Zurück zu der daneben liegenden Tankstelle. Der Tankwart kommentierte den Preis mit den Worten: „They are crazy!“ und empfahl ein Resort, das zwar etwa 5 Meilen weiter in Richtung Key West lag, also dort, wo wir hergekommen waren, aber zivile Preise haben sollte. Nach einer Weile des Fahrens gaben wir es auf, diese Herberge zu finden und klapperten auf eigene Faust eine Reihe der zahlreich an der Strasse gelegenen Resorts ab. Alle waren komplett ausgebucht, mit Ausnahme von einem etwas abseits gelegenen Dieses bestand aus einer Reihe von Bungalows, alles war sehr auf Tropen, d.h. Karibik, gemacht und auch die überlebensgroßen Figuren wie Dinosaurier, fehlten nicht. Auch hier zuckte der Empfangsmensch mit den Schultern- ebenfalls alles ausgebucht. „Aber ich hätte da noch einen Trailer für 80 Dollar, nicht mehr der Neueste, aber zum Schlafen reicht’s!“
Der Trailer sah aus, als hätte er schon im Vietnamkrieg gedient, aber für eine Nacht ging es einigermaßen. Als der Portier gewisse Zweifel auf meinem Gesicht sah und ich ihm bedeutete, ich müsste dies noch mit meiner Frau, die im Auto wartete, besprechen, senkte er den Preis schnell auf 70 Dollar.
Gesagt, getan, wir nahmen das Gefährt. Vor dem Schlafenlegen gingen wir noch zur Beach, die nur einen Steinwurf weit entfernt war und sahen dort auf den Bootsstegen Schilder „Do not disturb the Manatees!“ Das taten wir dann auch nicht, da wir am nächsten Morgen gleich früh starten wollten und früh ins Bett gingen, denn unser Ziel, das Holiday Inn in Cocoa Beach war noch knapp 250 Meilen entfernt.

Am Nachmittag erreichen wir Cocoa Beach, vom Navigator per Laptop die ganze Strecke perfekt bis vor die Hoteltür geführt. Wir checken ein und übernehmen unser Zimmer, das für die nächsten 12 Tage unser Domizil werden wird.

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Holiday Inn, Cocoa Beach

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Reklameflug über Strand v. Cocoa Beach
 
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Jens

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3. März 2005

Vorher jedoch hatte ich noch mit dem Empfangspersonal etwas um das Zimmer gerungen: es sollte ein Raucherzimmer sein, möglichst mit Blick auf den Atlantik. Der Hotelangestellte, der uns eincheckte, murmelte etwas von Aufpreis, ca. 100 Dollar. Ich rechnete dies um auf 12 Tage und kam auf ca. 8 Dollar pro Tag. Dies schien mir angemessen, denn der Atlantikblick für 12 Tage war schon verlockend. Als ich dies verbal umgesetzt hatte, murmelte er, dass der preis pro Tag gelte, also 1.200 Dollar Aufpreis. Wir lehnten dankend ab.
Etwas, das mich gewissermaßen verwunderte, war das Verhalten des Personals uns gegenüber, nach einem Blick auf unsere Buchung, gepaart mit einem schrägen Blick auf uns, es war absolut zuvorkommend und hilfsbereit. In mir keimte die Vermutung, dass die Hotelchefin, mit der ich im Vorfeld einen kurzen, aber unangenehmen Schriftverkehr per E-mail hatte, wohl auf unseren Papieren einen Vermerk hinterließ, uns mit Glacehandschuhen zu behandeln. Wie schon vorher eingangs gesagt, wir hatten das Hotel über Neckermann in Deutschland gebucht und diese Firma scheint wohl ein Großkunde zu sein, mit dem man es sich nicht verderben wollte.
Dies schien sich, im Zimmer angekommen, zu bestätigen, denn wir hatten eben unser Gepäck abgelegt, waren also kaum 2 Minuten im Zimmer, als das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung war eine Dame des Gast-Service, die wissen wollte, ob alles in Ordnung sei und ob wir mit dem Zimmer zufrieden seien. Ich bejahte dankend. Sie verabschiedete sich mit der Bemerkung; dass wir uns im Fall von Wünschen unbedingt melden sollten. Mir fiel ein, dass ich um Zugang mit dem Laptop zum Internet per Telefonleitung (Dial-up, W-LAN gab es nicht) ein Anschlusskabel brauchte und bat sie, ein Kabel für uns beim Empfang zu hinterlegen, wo ich es abholen würde.
Es waren keine 5 Minuten vergangen, als es an der Tür klopfte und eine männliche Stimme sich als Michael, Mitglied des Engineering Service (Technikabteilung) ausgab und mir das Kabel überreichte. Meine Verwunderung über diesen exzellenten Service muss wohl deutlich in meinem Gesicht geschrieben gewesen sein, denn der Angestellte grinste so breit, dass seine Mundwinkel nicht allzu weit von seinen Ohren entfernt waren.

Die Wahl des Zimmers war gut, wie schon vorher auf der Homepage des Hotels eingesehen, besaß es 2 schöne, bequeme Doppelbetten, ein Bad mit Wanne und Toilette, einen großen Schmink/Ablagetisch mit Waschbecken, eine Kaffeemaschine, einen kleinen Kühlschrank, einen Mikrowellenherd sowie ein Bügelbrett und Bügeleisen.
An Mobiliar gab es einen Schreibtisch und 2 Nachtschränke sowie Stühle.

Da ich möglichst schnell ins Internet wollte, nahm ich die im Zimmer ausliegenden Gelben Seiten zur Hand und fand schnell einen Internet-Provider, der seine Dienste mit Lokal-Einwahl überall in den USA für 14,95 Dollar pro Monat anbot. Ich rief die 800er Nummer des Providers an und wir kamen schnell ins Geschäft. Abgerechnet wurde über die Visa-Kreditkarte. Mir wurde versichert, dass mit dem Tag unseres Verlassens Floridas am 28.03. der Vertrag beendet sein würde und keine weiteren Abbuchungen vorgenommen würden, also quasi eine bis zum 28.03. zeitlich begrenzte Flat Rate. Ortsgespräche und somit auch die Einwahlen ins Internet vom Hotel aus waren die ersten 60 Minuten kostenlos, danach würde es relativ teuer, bekam ich vom Hotelempfang Bescheid. Außerdem koste jede Einwahl 50 US-Cents als Dial-Up charge. Egal, Hauptsache war schließlich die Aufrechthaltung der Kommunikation mit der Heimat und den Freunden in den USA.

Der Blick aus unserem Zimmerfenster war fantastisch: Es war, als würde man in einen gepflegten Dschungel schauen :

dschungelgarten.jpg


Sicht aus Hotelzimmer auf Dschungelgarten

Blühende Büsche, Azaleen in voller Blütenpracht, sowie Unmengen von Blumen, die ebenfalls in voller Blüte standen. Der hoteleigene, beheizte Pool sowie ein kleines, überdachtes Rundbecken, als Whirlpool gestaltet und mit sehr warmen Wasser gefüllt, waren nur wenige Schritte von unserem Zimmer entfernt. Eine kostenlos zu nutzende Sporthalle, versehen mit allen möglichen Martergeräten, schloss sich an die Wasserbecken an.

hottub.jpg


Unsere Hot Tub in Zimmernähe ...

poolanlage.jpg


... und die Poolanlage ...


Bis zum Atlantikstrand gab es etwa 150 Meter Freianlagen des Hotels zu durchlaufen, um dann mit einem atemberaubenden Blick auf die heranrollenden Wellen (der Wind war kräftig und anlandig), die sich mit viel Getöse am Strand brachen, belohnt zu werden. Der Strand war nahezu verwaist, es war den Floridanern wohl zu kalt, obwohl die Außenthermometer eine Temperatur von 28 °C aufwiesen. Die Wassertemperatur schätzten wir auf etwa 20 °C, also für Europäer, wie wir, die in der Ostsee auch bei 17 °C das Wasser nicht scheuen, recht angenehm.

Auf unserem Weg zurück zu unserem Zimmer bemerkten wir Handwerker, die im Nachbarzimmer arbeiteten. Wir kamen mit diesen ins Gespräch und erfuhren, dass diese immer noch mit den Schäden der vergangenen Wirbelstürme beschäftigt waren. Der ganze Hotelkomplex, bestehend aus 13 Gebäuden, wurde durch den letzten Wirbelsturm abgedeckt, ein Schaden von 6 Millionen Dollar, den das Hotel verkraften musste.
Ebenfalls entdeckten wir bei unserer kleinen Erkundung in Nähe unseres Zimmers einen Waschraum mit Münz-Waschmaschinen und Wäschetrocknern. Gegenüber gab es einen Getränkeautomaten und einen gigantischen Eiswürfelspender, aus dem man sich mit der Zimmerkarte kostenlos Eiswürfel in jeder gewünschten Menge holen konnte, also genau das Richtige für unsere mitgebrachte Kühlbox.

Müde von der langen Fahrt aus dem Süden bis Cocoa Beach und von dem Erlebten, fallen wir buchstäblich in die Betten.
 
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Jens

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4. März 2005

Der am gestrigen Tag herrschende Wind hatte noch weiter aufgefrischt und vom Atlantik her stahlblaue Regenwolken über das Land getrieben. Es regnete, was uns dazu veranlasste, uns weiter im Zimmer einzurichten.

Ich fange an, am Laptop den ersten Teil dieses Reiseberichts niederzuschreiben. Meine Frau Birgitta hatte neben der Empfangshalle des Hotels ein kleines Lädchen entdeckt, in dem sie ein paar Kleinigkeiten so wie Ansichtskarten kaufen wollte. Der Laden wurde von einer 78-jährigen Dame betrieben, welche ihr verriet, dass sie immer noch trotz des hohen Alters im Arbeitsprozess stände. Außerdem hätte sie noch zusätzlich zu ihrem Single-Haushalt eine weitere Arbeitsstelle. Die Monate nach den Hurricanes bis zur Wiederaufnahme des Hotelnetriebs bezeichnete sie finanziell als bitter und ohne Einkommen für sie. Sie war eine nette, alte Dame, sehr redselig.

Gegen Mittag verzogen sich die Wolken und ein strahlend blauer Himmel mit viel Sonne sollte für den Rest des Tages wetterbestimmend sein.
Wir überqueren die belebte Hauptstraße, die den Hotel-Komplex von den gegenüberliegenden Geschäften trennt und marschieren vorbei an immer noch im Straßengraben liegenden Schuttstücken, die der letzte Wirbelsturm hinterließ. Wir landen schließlich bei Dennys, wo wir ausgiebig und sehr preiswert speisen. In diesem Teil der USA scheinen die Kunden der Restaurants hauptsächlich aus von den Einheimischen spöttisch "Snowbirds" = Zugvögel genannt (Rentner aus dem Norden, die hier die in ihrer Heimat herrschende kalte Jahreszeit verbringen) zu bestehen.

Leiblich gestärkt entscheiden wir uns dafür, dass Birgitta, die noch nie ein Auto mit Automatikgetriebe gefahren hat, auf dem neben dem Hotel liegenden öffentlichen Parkplatz, der für Nicht-Hotelgäste freien Zugang zum Strand bietet, ein paar Gewöhnungsfahrten absolviert. Sie stellt sich recht geschickt an, was ich begrüße, denn wir haben vor Florida weitgehend per Auto zu erkunden, was mich natürlich beim Fahren stark entlasten wird.

Wie schon bisher, bezahlen wir die meisten Einkäufe mit der Visa-Karte, um unseren Bargeldvorrat von etwa 1.000 Dollar und unsere Reiseschecks in etwa der gleichen Höhe zu schonen.
 
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Jens

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5. März 2005

Bob, unser Freund aus Fort Walton Beach (Nordflorida) empfiehlt uns, wir sollten unbedingt eine NASA-Tour im nahe gelegenen Kennedy Space Center buchen. Ich hatte mit Bob vor langen Jahren hier in Deutschland zusammengearbeitet, wobei wir uns anfreundeten. Bob war die meiste Zeit seines Lebens Ingenieur bei der amerikanischen Luftwaffe. In dieser Eigenschaft, so erzählte er, war er auch am Bau der riesigen Hallen, in denen die Space Shuttles vertikal installiert und geparkt sind, beteiligt. Er empfiehlt uns also wärmstens einen Besuch dort. Für den 10. März ist ein Raketenstart mit einem Satelliten an Bord geplant. Wir buchen also per Telefon und Visa-Karte die NASA-Tour in der Hoffnung, den Raketenstart mitzuerleben.

Mary, eine der freundlichen Damen vom Empfang, empfiehlt uns, eine kostenlose Casinoboot-Tour mitzumachen. Sie gibt jedem von uns sogar zwei kostenlose 10-Dollar-Gutscheine, die auf dem Boot eingelöst werden können.

Da es bereits früher Nachmittag ist und der Bus, der die Gäste abholen soll (ebenfalls kostenlos) für 16.00 Uhr angesagt ist, sputen wir uns, um rechtzeitig umgezogen und fertig auf den Bus zu warten.
Diese Boote haben offensichtlich eine Sondererlaubnis, Glücksspiele durchzuführen, indem sie ihre spielwütigen Gäste weit genug vom Land auf den Atlantik herausfahren.

Im Hotel hieß es, die Rückkehr wäre im Regelfall um 01.00 Uhr morgens.
Na ja, wir lassen uns überraschen und warten vor der Hotellobby zusammen mit anderen "Spielertypen" auf den Bus, der nicht kommt. Um die Bootstour nicht zu verpassen, entscheiden wir uns zusammen mit anderen dafür, ein Taxi zu teilen, das uns zum Boot, das in Nähe von Cape Canaveral vertäut liegt (Distanz vom Hotel etwa 5 km). Gerade, als ich in der Hotellobby bin und mit einem Taxi-Unternehmen spreche, erscheint der Bus. Das Busfahrer wedelt mit einer Liste mit Namen, auf der auch unsere vermerkt sind und klappert noch eine Reihe weiterer Hotels ab, bis der Bus bis auf den letzten Platz besetzt ist.

Bei der Ankunft am Casino-Boot finden gründliche, weit reichende Sicherheitskontrollen der Passagiere statt. Das Boot ist schon gut besetzt und immer noch kommen neue Gäste. Es ist mittlerweile dunkel geworden, als das Boot ablegt. Das Boot besteht aus 4 verschiedenen Decks, die alle sehr stark mit Glückspielautomaten, Roulettetischen und Black-Jack-Tischen bebaut sind. Zwischendurch gibt es einzelne Erfrischungsstationen, wo kostenlos Soft Drinks serviert werden. Alkohol kann bestellt werden, ist jedoch kostenpflichtig. Außerdem stellen diese Erfrischungsstationen ein kostenloses Buffet, versehen mit Hamburger-ähnlichen Brötchen, Kartoffelchips, Salate und verschiedene Sorten Fleisch bereit. Das Essen ist ebenfalls kostenlos. Geschmacklich ist es nicht überragend, jedoch es stillt den Appetit. Nach einer Weile der Fahrt schallen Lautsprecherstimmen über die Decks, die das Glücksspiel wie auch das Rauchen freigeben.

Es ist schon seltsam zu sehen, wie amerikanische Nichtraucher, die ansonsten streng darauf achten, dass sich niemand in ihrer Nähe innerhalb eines Gebäudes eine Zigarette ansteckt, sich doch recht zwanglos in diesen verräucherten Räumen aufhalten, wenn sie dies mit ihren eigenen Interessen verbinden können.

Insgeheim bereue ich schon jetzt, dass wir an der Tour teilgenommen haben, denn diese unwirkliche, außerirdische Atmosphäre mit ihren grellbunten künstlichen Lichtern und den nicht Enden wollenden "Dingdingding-Geräuschen" und dem Rasseln der münzenspuckenden Spielautomaten sowie den ständigen Lautsprecherstimmen, die mich irgendwie an "Unternehmen Enterprise" und Mr. Spock erinnern, hatte ich bereits zuvor in Foxwood, Connecticut, erlebt und war froh, als ich wieder draußen war. Daher hielten wir uns die meiste Zeit auf dem nächtlichen Sonnendeck, auf dem keine Spieltätigkeit stattfand, auf. Ein müder Jamaikaner, der dort Reggae-Musik live darbot und dazu sang, entpuppte sich während einer Gesangspause als Karaoke-Sänger, der weder Gitarre spielte noch Live-Gesang zum Besten gab.
Die vom Hotel ausgegebenen Freikarten waren nur in Verbindung mit dem Kauf von Chips im gleichen Wert gültig. Da wir jedoch keine Lust hatten, wirklich Geld zu verlieren, verschenkten wir diese an andere Spieler. Wir riskierten ein paar Viertel-Dollar. Ich verlor etwa 10 Dollar und hörte dann auf. Birgitta gewann etwa 15 Dollar, also alles in allem, kein schlechtes Geschäft.

Wir kamen gegen 02.30 Uhr morgens wieder per Bus im Hotel an und fielen todmüde in die Betten.
 
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Jens

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6. März 2005

Ein strahlend blauer Himmel und Sonne satt sollte uns wecken. Ich hatte immer noch dieses "Dingdingding" im Ohr und war entsprechend "verkatert".

Als alte Motorrad-Freaks können wir natürlich nicht widerstehen und Fahren zur Bike Week ins ca. 60 Meilen nördlich gelegene Daytona, wo sich zigtausende Biker auf ihren Harleys treffen.

Kurz vor der Stadt fahren wir vom Highway ab, um zu tanken. Die Tankstelle, mit einem Tankwart besetzt, ist von Harley-Fahrern belagert. Ich fahre an die Zapfsäule, schiebe meine Kreditkarte in den Schlitz und hoffe darauf, gleich das Rauschen des Benzins im Tank zu hören, doch nichts tut sich. Ich ziehe die Karte heraus und vollführe noch mal den gleichen Akt. Wieder nichts. Ich schaue mich um und sehe einen Biker, der mich beobachtet und mir sagt, an dieser Tankstelle müsse man den Hebel, der die Zapfpistole hält, in nach oben in eine senkrechte Stellung kippen und dort lassen.
Also noch einmal das Ganze von vorne. Wieder tut sich nichts. Ich gehe in das Tankstellengebäude und empfehle dem Tankwart, doch mal seine Zapfsäulen prüfen zu lassen. Dieser ist ob der Mengen der Biker, die sich in dem kleinen Raum drängen, völlig genervt und fragt mich, wie viel Benzin ich denn tanken wolle. Ich will 30 Liter. Er nimmt die Kreditkarte, tippt die Kartennummer von Hand ein und lässt mich den Kassenzettel unterschreiben. Er schaltet die Zapfsäule frei und ich bekomme mit Mühe und Not etwa 25 Liter in den Tank, dann ist dieser randvoll. Ich verzichte darauf, noch einmal den Tankwart zu belästigen und fahre das Auto an eine Säule, auf der "Luft und Wasser" steht, da ich den Scheibenwaschwassertank auffüllen will. Hier muss man 50 Cents einwerfen. Auch hier stehen Motorräder en Mass herum, ich habe Mühe, den Schlauch an unser Auto, das in ca. 5 Meter Entfernung steht, heranzuführen. Meine Frau hält den Schlauch in die Tanköffnung, während ich das Geld einwerfe und die Pumpe auf "Wasser" einstelle. Die Pumpe springt an und bald müsste sich der Schlauch durch das hindurchfließend Wasser eigentlich bewegen. Es kommt nur Luft. "Na klar, denke ich mir, der Wasserspender war sicherlich schon länger nicht in Betrieb und pumpt erstmal die Luft aus den Leitungen, bevor Wasser kommt. " Wer braucht in Florida schließlich schon Scheibenwaschwasser bei dem vielen Sonnenschein!".
3 Minuten später. Die Pumpe pumpt immer noch Luft in den Tank. Jetzt werde ich wirklich misstrauisch und gehe hinter die Säule, um dort herauszufinden, dass die erforderliche Wasserleitung überhaupt nicht angeschlossen ist, sondern nur der Luftschlauch. Wir verlassen knurrend und brummend die Tankstelle. Endlich taucht quer über die Hauptstrasse gespannt eine Brücke auf, die uns in großen Buchstaben verkündet: "Welcome to Daytona Beach"!

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Fussgängerbrücke über Hauptstrasse am Stadteingang

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Noch etwas näher rangezoomt...

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Ohne Worte ...


Wir fahren noch eine ganze Strecke, eingemauert zwischen Harley-Motorrädern, bis wir wirklich den Strandbereich, wo sich das Bikertreffen abspielt, erreichen.

Endlich, nach langem Suchen, finden wir eine Möglichkeit, das Auto abzustellen und zwar auf einer betonierten Auffahrt zu einem Parkhaus. Der Platz kostet uns 20 Dollar und ist für 4 Stunden gut, wie uns die Kassiererin versichert. Ganz schön gesalzene Preise, aber na ja, dabei gewesen sein ist alles!.

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Lillys Parkplatz, 20 $ für vier Stunden ...


Der Verkehr in dem Städtchen scheint nur noch aus Motorrädern und ihren Fahrern, die in Viererreihen (oder auch mehr) nebeneinander herfahrend den Verkehr fest in Biker-Hand halten.

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Geparkte Bikes in einer Nebenstraße ...

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Stolzer Besitzer mit verrückter Maschine

Auf den Kreuzungen stehen Verkehrspolizisten, die immer noch angeschalteten Ampeln sind bedeutungslos.

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Überforderter Polizist, der nicht lächeln wollte ...

Birgitta und ich marschieren auf den Bürgersteigen die Hauptstraße entlang, wo die Maschinen dicht an dicht geparkt sind. In der Luft liegt eine riesige Kirmestrubelstimmung, viele Biker, mit denen wir Kontakt bekommen, reden mich als "Brother" an, offensichtlich in der Meinung, ich wäre auch ein Biker, da ich an diesem Tag schwarz gekleidet bin, allerdings nicht in Leder. Ein dort gekauftes Bandana (Kopftuch, so wie es die Biker tragen), verstärkt wohl noch diesen Eindruck. Die Atmosphäre ist fast unbeschreiblich, knapp bekleidete Biker-Girls zeigen, was sie können und zu bieten haben.

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Eine von vielen Lokalschönheiten ...
Die Luft ist erfüllt vom Lärm und Rauch der Motoren. Wir tätigen ein paar Einkäufe, hauptsächlich Motorradkleidung. Auch hier bezahlen wir alles mit der Kreditkarte. Wir verlassen die Stadt nach etwa 4 Stunden, nachdem wir uns von dem vielen Herumwandern noch eine Weile am Strand, verbunden mit einer kleinen Mahlzeit, ausgeruht hatten.

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Am Strand von Daytona Beach...
 
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Jens

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7. März 2005

Mary, der gute Geist vom Hotel-Empfang, gab uns den Tipp etwa 70 Meilen südlich über die I 95 zum Vero Beach Outlet Center zu fahren, dies wäre ihre Lieblings-Einkaufsstelle.

Da bei uns ein Großeinkauf anstand, nehmen wir ihre Empfehlung dankend an und fahren über die Stadt Cocoa auf die I 95. Unterwegs vertrauen wir wieder einmal mehr nicht auf unseren mitgeführten GPS-Navigator, verfransen uns in Cocoa, um schließlich auf einen kleinen Parkplatz zu fahren, um den Navigator zu befragen, wo wir uns denn überhaupt befänden. Nach Abstellen des Motors, fällt mir eine Betontafel auf, die das Gebäude, vor dem wir parken, als Polizeipräsidium der Stadt Cocoa ausweist. Dies sollte später für uns noch von Bedeutung sein. Wir finden dank des Navigators wieder unseren richtigen Kurs und schwenken in Richtung Süden auf die I 95.

Der riesige Shopping-Center ist schon vom weiten neben der I 95 gelegen zu sehen, wir biegen ab und parken Lilly, das Auto, mitten auf der Freifläche, die von Läden umgeben ist. Als erstes "erstürmen" wir Reebok, um uns dort mit Schuhen einzudecken. Der Kauf fällt jedoch geringer aus, etwa im Wert von 70 Dollar, da wir auch noch andere Schuhgeschäfte besuchen wollen. Nach Verlassen des Geschäfts sehen wir einen kleinen Touristen-Zug vor uns anhalten, welcher Touristen immer ins Runde zu den einzelnen Geschäften bringt.

Der "Lokomotivführer" überreicht uns als erstes beim Besteigen des Zuges zwei Coupon-Hefte, in denen wir blättern, während der Zug eine Runde macht. In den Rabatt-Coupon-Heften sehen wir eine Anzeige von Reebok, die uns 10 % Rabatt zusätzlich zu den schon herabgesetzten Preisen verspricht. Wir entsteigen dem Zug, wieder bei Reebok angekommen, gehen ins Geschäft und wedeln der Kassiererin mit dem Coupon vor der Nase herum. Diese, weil sowieso schon gestresst, ist nicht gerade begeistert, weil sie alles stornieren und das Ganze neu eingeben muss. Unser Gewinn, einschließlich Steuern, beträgt immerhin 11 Dollar, die wir auch anstandslos ausgezahlt bekommen. Wie ich später in Deutschland erfuhr, hätten wir weitere 20 % anhand der von uns mitgeführten AAA-Karte (Amerikanischer Automobilclub, Schwesterclub zum deutschen ADAC, der auch diese Karten an seine Mitglieder ausgibt), sparen können. Dies gilt auch für viele Hotels / Motels sowie bei Eintritten in verschiedene Freizeiteinrichtungen.

Wir tätigen noch weitere Einkäufe, bezahlen diese teilweise mit Reiseschecks und teilweise mit Kreditkarte.

Auf dem Rückweg entschließen wir uns, nicht mehr die I 95 nach Norden in Richtung Hotel zu nehmen, sondern ein winzig aussehendes Sträßchen, das der Küste vorgelagert von Vero Beach-Stadt nach Cocoa Beach immer durch den Atlantik führt. Dieses Sträßchen schien auf dem Navigator sehr reizvoll zu sein, es war jedoch nicht zu erkennen ob es bei Flut überhaupt befahrbar wäre. Wir erkundigten uns also deshalb in einem der Geschäfte, wo man uns versicherte, die Straße wäre durchgehend jederzeit befahrbar. Es wird dunkel. Birgitta fährt, während ich mit dem Laptop / Navigator spiele. Wir erleben eine romantisch-schöne Fahrt, vom Atlantik ist jedoch wenig zu sehen, da auf dem schmalen Streifen neben dem Sträßchen entweder Büsche oder Häuser meistens die Sicht auf das Wasser verdecken. Wir benötigen etwa 2 1/2 Stunden für den Rückweg.
 
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Jens

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8. März 2005

Weiterhin schönes Wetter, angenehme Temperaturen, leichte Brise.
Wir entscheiden uns dafür, unseren im Hotelzimmer befindlichen Kühlschrank wieder zu befüllen und fahren etwa 1 km über die Hauptstraße Cocoa Beachs, um dort bei Publix (riesengroße Lebensmittelkette) einzukaufen.

Wir kaufen im Wert von etwa 60 Dollar und wollen mit der Kreditkarte bezahlen. Ich ziehe die Karte durch den Leseschlitz, sage der Kassiererin, dass ich nur diesen Betrag abgebucht haben will und nicht auf etwa 100 Dollar oder mehr Bargeld herausbekommen möchte (dies ist mindestens bei Publix als Extraservice durchaus möglich). Das Lesegerät streikt und empfiehlt mir in grüner Schrift, ich sollte mit der Kassiererin Kontakt aufnehmen. Gleichzeitig bekommt die Kassiererin einen Ausdruck, der sie anweist, meine Bank zur Bestätigung des Betrages anzurufen. Diese denkt natürlich nicht daran, denn wer soll schließlich die Telefonkosten nach Deutschland bezahlen? Also geht das Spiel von Neuem los, Karte durch den Schlitz ziehen, abwarten, um dann den schon vorher erwähnten Text zu sehen. Noch einmal, das gleiche Ergebnis.

Amerikaner, Schlangestehen gewöhnt, häufen sich hinter uns und ernten zum Teil unfreundliche Blicke. Die Kassiererin, ein junges Mädchen, gerät langsam in Verzweiflung, worauf ich mich entscheide, unseren Bargeldvorrat anzugreifen.

Ich bin etwas in Sorge, da dies, von der Schwesterkarte meiner Frau abgesehen, unsere einzige wirkliche Kreditkarte ist. Ich hoffe, dass der Magnetstreifen der Karte nicht beschädigt ist. Zum Testen probieren wir dies mit einem geringen Betrag an einer Tankstelle. Der Bezahlvorgang verläuft reibungslos, was uns wieder fröhlicher dreinschauen lässt. Wir fahren zurück zum Hotel, verstauen unsere Lebensmittel im Kühlschrank und entscheiden uns den auf der Strecke nach Vero entdeckten, in Cocoa Beach befindlichen Wal Mart zu besuchen. Dort finden wir heraus, dass es klug behandelt war, am Vortag nicht all zuviele Schuhe im Vero Beach Outlet Center zu kaufen, denn Wall Mart hat wirklich unglaublich günstige Angebote, sehr gute Tennisschuhe zum Teil schon für 10 Dollar das Paar. Alles in allem beläuft sich unser Einkauf auf 137 Dollar (nicht nur Schuhe!). An der Kasse geht das gleiche Spiel wie vorher bei Publix wieder los. Die Kassiererin braucht auch nicht lange, um aus der Fassung zu geraten, Kunden die hinter uns Schlange stehen fangen an zu murren. Die Kassiererin ruft den Geschäftsmanager, der auch nicht lange braucht, um zu erscheinen. Anscheinend hat er etwas gegen Kunden, die nicht glatt durch die Abrechnung kommen, was auch mich recht grimmig stimmt. Ich erkläre dem Manager was an der Kasse bisher passiert ist, die Kassiererin gibt ständig ihren Senf dazu, bis ich sie grimmig bitte, mich doch ausreden zu lassen, was den Manager wohl noch ungehaltener stimmt. Zur Entspannung der Situation frage ich ihn, ob er Reiseschecks annimmt, woraufhin er entgegnet, dass diese bei einer amerikanischen Bank ausgestellt sein müssten. Dies kann ich bestätigen. Die Kassiererin hat die unangenehme Aufgabe, sämtliche Teile (es waren viele) wieder aus den Tüten herauszuholen, die sie vorher mühevoll befüllt hatte, und wieder einzeln einzulesen. Die Schlange der Kunden hinter uns wurde schnell kleiner, da diese dem Frieden wohl nicht trauten. Wir bekamen auf die Reiseschecks in Höhe von 150 Dollar den überschüssigen Betrag ausbezahlt.

Wieder zurück in Richtung Hotel. Ich fange an mir ernsthaft Sorgen zu machen, da unser Bargeldvorrat und Reiseschecks schließlich nur als "Notgroschen" gedacht waren und mit noch etwa 3 Wochen Florida vor uns und einer defekten Kreditkarte nicht ausreichen würden.

Da wir ja mit der Kreditkarte die NASA-Tour vorgebucht hatten, und sicher sein wollten, dass wir auch problemlos zum Kennedy Space Center finden würden, ohne Zeit zu versäumen, machen wir uns auf den Weg und fahren die Strecke schon mal testweise ab. Etwa 20 km vor dem Space Center halten wir an einer Tankstelle, um dort noch einmal die Kreditkarte zu testen. Wir tanken für etwa 15 Dollar (das hätten wir zur Not noch aus unserem Bargeldbestand geopfert) und das gleiche Spiel wie in den Läden zuvor, beginnt von Neuem. Die Kassiererin ist sehr hübsch, sehr freundlich, sehr geduldig. Sie probiert alles Mögliche und plötzlich scheint es zu funktionieren. Sie erfragt meine Geheimnummer und ohne ihr weh tun zu wollen, bitte ich sie Verständnis zu haben, dass ich ihr diese nicht geben könnte, woraufhin sie mich hinter die Theke lässt, wo ich dann unbeobachtet die Nummer eingeben kann. Der Vorgang wird von der Bank bestätigt und alles scheint zum Besten. Ich kaufe daraufhin noch eine Stange Zigaretten, auch hierbei geht alles glatt.

Wir erreichen den Kennedy Space Center und machen uns wieder auf den Weg zurück zum Hotel.
Im Hotel angekommen piepst das Handy und avisiert eine SMS von unserer Tochter in Deutschland, die auf das Haus aufpasst. Der Text der Nachricht lautet: Nachricht zu Hause auf Anrufbeantworter "Dringend Bank in Frankfurt / Main anrufen!".

Es ist mittlerweile Nachmittag und wegen der Zeitverschiebung natürlich unsinnig, jetzt in Frankfurt anzurufen. Ich stelle mir den Wecker auf 03.00 Uhr morgens amerikanischer Zeit in der Hoffnung, bei der Bank um diese Zeit (deutsche Zeit = 09.00 Uhr) jemand zu erreichen.
Ich bin mir mittlerweile fast sicher, dass die Bank in Deutschland mit dem erlebten Ärger an den Kassen zu tun hat. Da ich bereits vorher schon verschiedene Dispute mit der Bank ausgefochten hatte (woraufhin sich diese zwar immer entschuldigte), überlegte ich mir schon im Vorfeld einige harsche Dinge, die ich bei dem Bankmenschen loswerden wollte. Diese Bank ist eine Internetbank, die ich zur Verwaltung meines Geschäftskontos nutze, und welche passable Zinsen auf das Guthaben zahlt.

Der Wecker reißt uns unsanft aus dem Schlaf. Schlaftrunken wähle ich über unsere Calling Card die vorgegebene 36-stellige Code- und Telefonnummer und lande prompt bei einer falschen Telefonnummer. Jetzt wird erst mal Kaffee gekocht, woraufhin das Wählen deutlich besser ausfällt.

Die Sachbearbeiterin der Bank eröffnet mir, dass sich mein Kaufverhalten mit der Kreditkarte sehr stark verändert habe. Ich denke mir, "idiotisch", sage dieses aber nicht sondern erzähle ihr, dass wir uns in Florida befinden und natürlich unsere Kreditkarte für Einkäufe kräftig einsetzen. Sie bestätigt dies und fragt, ob wir jemals in Jacksonville, Florida, in einem großen Shopping Center für viel Geld eingekauft hätten. Ich verneine dies, da wir noch nie in Jacksonville waren und auch eigentlich nicht vorhaben, auf unserer Floridarundfahrt, dort hin zu kommen. Daraufhin erklärt mir die Dame, dass unsere Kreditkarte kopiert und missbraucht worden wäre und zwar schon gleich in den ersten drei Tagen unserer Anwesenheit in Florida. Da dies bei anderen Urlaubern schon öfter der Fall war, haben die Leute der Bank, die eigentlich nicht meine Internet-Bank ist, sondern ein vorgeschaltetes Institut, das den Visa-Verkehr für meine Bank regelt, ein besonderes Auge auf Transaktionen, die in Florida getätigt werden. Sie war es auch, die unsere Kreditkarte zeitweilig eingegrenzt hatte, was erklärt, dass die Zahlungen an den verschiedenen Kassen, abhängig von der Höhe der Beträge, manchmal funktionierte und manchmal auch nicht. Wir kommen überein, die Karte sofort gänzlich sperren zu lassen, auch die Karte von meiner Frau, da diese, mit Ausnahme des Vornamens, ja mit meiner identisch ist. Ich bin der Ansicht, dass es schlimmstenfalls drei Tage dauern würde, bis uns neue Karten in Florida zugestellt würden. Mein hoffnungsfrohes Denken bekommt allerdings gleich von ihr einen Dämpfer, als sie mir sagt, dass Internet-Banken in aller Regel nicht für die Kosten des Ausstellens von Kreditkarten aufkommen. Ich frage sie nach der Telefonnummer von Visa in Amerika, rufe diese an und eine freundliche Dame nimmt sämtliche Daten auf. Sie sagt zu, dass in etwa 2 Tagen neue Karten bei uns sein müssten. Unsere Stimmung bessert sich deutlich. Es dauert knapp eine halbe Stunde, als das Telefon im Hotelzimmer klingelt. Am anderen Ende der Leitung ist dieselbe Visa-Dame, die mir mit bedauernder Stimme erklärt, dass meine Bank nicht für die Kosten aufkäme und wir eben zusehen müssten, wie wir zurecht kommen. Unsere Stimmung geht gegen Null, da wir uns an fünf Fingern ausrechnen können, wann unser Bargeldvorrat und unsere Reiseschecks erschöpft sein werden. So wenig Geld und noch so viel Florida vor uns!

Ich rufe noch einmal bei der Kontrollbank in Frankfurt an und schildere dem dortigen Sachbearbeiter unser Leid. Dieser erklärt, dass wir kein Einzelfall wären, da dies öfter vorkommt. Auf meine Frage was, zum Kuckuck, wir denn jetzt tun könnten, empfiehlt er, dass wir in Florida Anzeige erstatten, nennt uns auch den Ursprung der kriminellen Handlungen und empfiehlt weiterhin, dass dieser auch bei der zu stellenden Anzeige genannt wird. Hierbei handelt es sich um eine Organisation, die eigentlich im südlichen Teil Italiens zu Hause gewähnt wird, aber wohl mittlerweile weltweit operiert (ich werde den Namen dieser Organisation hier nicht nennen, da es durchaus möglich ist, dass diese mittels Suchmaschinen das Internet durchforscht um zu sehen, was denn wo und von wem über sie geschrieben wird).

Ich sage ihm, dass ich mich als guten Kunde bei meiner Bank betrachte, was er bestätigt, indem er preisgibt dass auf meiner Kreditkarte Deckung für bis zu 30.000 Euro bestünde. Dies hätten die Gauner gründlich ausnutzen können, wäre da nicht das aufmerksame Personal bei der Kontrollbank in Frankfurt. Dann bietet er mir an, dass er mit meiner Bank reden würde und auch schöne Grüße von mir ausrichten würde in welchen ich ankündige, sämtliche Konten dort aufzulösen, sollte uns nicht geholfen werden. Auch bietet er an, die Kreditkarte zeitweilig nach unserer telefonischen Kaufankündigung bei ihm zu öffnen, damit Bezahlvorgänge möglich seien. Auch könnten wir auf diese Weise mit der Karte an Bankschaltern (nicht Bankautomaten, die eine PIN erfordern) Bargeld abheben. Ich finde dies zwar recht hilfsbereit von ihm aber durch den Zeitunterschied zwischen Amerika und Deutschland ist dies nicht sehr praktikabel. Wir verbleiben, dass er mit meiner Bank spricht und ich sende ihm per E-mail die Adressen unserer weiteren Stationen, die wir bald anfahren werden, zu.
 
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9. März 2005

Wir verbringen einen relativ ruhigen Tag am Strand, nur getrübt über die Ungewissheit was werden würde. Am späten Nachmittag unternehmen wir eine Sightseeing-Tour mit dem Auto und kehren wohlbehalten wieder ins Hotel zurück.
 
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10. März 2005

Für heute ist die NASA-Tour angesagt.

hitech.jpg


Auch in High Tech gibt es ein Stück Romantik ...

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Shuttle Vertical Assembly Bldg., jeder Stern etwa 2 Meter gross

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Ausgemustertes Space Shuttle ...

gedenktafel.jpg


Gedenktafel an gefallene Astronauten

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Im Space Shuttle ...

Im Kennedy Space Center bieten etwa 6 verschiedene Kassen Einlass. Der Center ist sehr stark besucht, wohl hauptsächlich wegen des angekündigten Satellitenstarts. Endlich nach längerer Wartezeit in der Schlange an der Kasse angekommen sagte ich vorbeugend zur Kassiererin, damit keine falschen Gedanken in ihr aufkommen, dass wir vor 2 Tagen unsere Kreditkarte, mit der wir die Tour zuvor telefonisch gebucht hatten, nach Missbrauch, durch irgendwelche Gangster kopiert, gesperrt wurde. Sie bestätigt die Sperrung, die ihr bereits auf ihrem Monitor signalisiert wird. Wir bezahlen den Eintritt für 2 Personen in Höhe von etwa 140 Dollar in bar. Mir ist sehr unwohl bei dem Gedanken, dass sich unser Bargeldvorrat sehr schnell sehr stark schmälert. Die NASA-Tour bekomme ich kaum mit, da meine Gedanken ständig um unser Problem kreisen. Die geführte Tour ist relativ langweilig, der Führer gibt sich sehr jovial und wird immer besonders lebhaft, wenn wir mit dem Bus wieder an dem einzig vorhandenen Alligator, circa 2 m lang, also noch ein Baby, der faul in einem Straßengraben liegt, vorbeikommen. Ansonsten hat er an Attraktionen nicht sonderlich viel mehr anzubieten. Vielleicht erscheint mir aber dies auch nur so, weil, wie gesagt, ich mit den Gedanken überhaupt nicht dabei bin. Die Führung ist zu Ende und alles strömt bzw. fährt zu den Tribünen, auf denen sich normalerweise Angehörige der Astronauten bei deren Start versammeln, um den Satellitenstart zu beobachten. Die angekündigte Startzeit ist längst überschritten, die Tribünen sind übervoll mit Zuschauern belagert.

In mir regt sich eine Erinnerung an ein Gedicht von Joachim Ringelnatz:

"Es war einmal ein Bumerang
War ein Weniges zu lang,
Bumerang, der flog ein Stück
Kam nicht mehr zurück.
Publikum noch stundenlang
wartete auf Bumerang".

bumerang.jpg


Das Publikum wartete noch stundenlang auf den Bumerang ;)

Es verging weitere Zeit bis plötzlich ein Zuschauer, der über Handy mit einer Fernsehstation verbunden war, laut rief: "Aus dem Start wird heute nichts mehr".

Wir traten die Heimfahrt an und obwohl wir wegen der Kürze der Zeit noch nicht alles gesehen hatten und am nächsten Tag mit unserer alten Eintrittskarte noch einmal kostenlos in das Gelände gekommen wären, verzichteten wir am folgenden Tag darauf.

Auf der Heimfahrt zum Hotel entschloss ich mich mehr oder weniger spontan, Anzeige gegen die Gauner, die unsere Kreditkarte missbrauchten, zu erstatten. Dies auch zu unserem eigenen Schutz, denn es könnte schließlich sein, dass Geschäftsleute bei denen wir eingekauft hatten und gegen Unterschrift mit der Kreditkarte bezahlt hatten, nicht zu ihrem Recht gekommen wären und gegen uns Anzeige erstattet hätten. Dies hätte im Umkehrschluss bedeuten können, dass wir beim Verlassen des Landes am Flughafen abgefangen und festgenommen worden wären.
Ich erinnerte mich daran, dass wir in der Stadt Cocoa ja vor ein paar Tagen vor dem Polizeipräsidium geparkt hatten und war der Meinung, dass diese Behörde auch für den Bereich Cocoa Beach zuständig wäre. Nach langem Suchen in der bereits eingetretenen Dunkelheit fanden wir das Präsidium wieder. Dieses war hermetisch verriegelt und die im Dienst im zweiten Stock befindliche Beamten waren nur per Gegensprechanlage von der Haustür zu erreichen. Ob die wohl Angst vor uns hatten? Nachdem wir unser Problem geschildert hatten, wurden wir angewiesen im Vernehmungszimmer im Erdgeschoss zu warten. Daraufhin summte der Türöffner und wir konnten eintreten. Ich dachte, nun würde endlich ein uniformiertes, menschliches Wesen erscheinen, doch weit gefehlt! Nach einer längeren Weile des Wartens klingelte das einzige, in dem immer befindliche Telefon. Ich hob ab und stellte fest, dass ich mit dem wachhabenden Polizeibeamten verbunden war. Dieser wollte, dass ich erneut unser Anliegen schildere. Nach einer langen Weile des Zuhörens, verwies er uns an die Polizeistation in Cocoa Beach, da diese für uns zuständig wäre. Bis dato hatte ich nicht gewusst, dass es dort eine Polizeistation gäbe.

Wir fuhren also wieder zurück in Richtung Cocoa Beach, kamen beim Hotel an und parkten das Auto vor der Lobby. Ich schilderte dem Hotelpersonal unser Problem und bat darum, das Telefon benutzen zu können, um die Polizei anzurufen. Der Beamte der Polizeistation sagte zu, gleich ein Fahrzeug zu entsenden, nachdem ich ihm unsere Zimmernummer mitgeteilt hatte. Das Hotelpersonal bedankte sich bei uns für die Information, dass gleich Polizei hier auftauchen würde und benachrichtigte den hoteleigenen Sicherheitsdienst. In der Zwischenzeit hatten wir in der Hotellobby einen Bankautomaten ausgemacht, an dem wir unsere ec-Karte zur Bargeldabhebung probieren wollten. Dies hatte uns ebenfalls der Bankbeamte in Deutschland empfohlen. Laut seiner Aussage funktioniert dies in ganz Florida. Allerdings sind die abhebbaren Beträge und auch die zeitlichen Abstände begrenzt. Wir tippten den Betrag von 300 Dollar ein, was die Maschine problemlos akzeptierte und gegen Zahlung einer Gebühr von 4 Dollar ausspuckte.

An unserem Zimmer angekommen (nach etwa 10 Minuten nach Anruf bei der Polizei), wurden wir schon von einem Angestellten des Hotel-Sicherheitsdienstes und zwei jungen Polizeibeamten erwartet. Wir baten die beiden Beamten in unser Zimmer und schilderten diesen unser Problem. Sie zeigten sich sehr mitfühlend, wiesen aber darauf hin, dass sie nicht zuständig seien sondern die Polizei in Jacksonville, wo der Betrug begangen wurde. Sie verabschiedeten sich und wir gingen in dem Wissen, doch an Bargeld zu kommen, mit einer gewissen Erleichterung ins Bett.
 
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Jens

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11. März 2005

Am frühen Morgen rufe ich das Büro des Sheriffs in Jacksonville an, nachdem mir die Polizei dort versichert hatte, sie wären nicht zuständig, sondern das Büro des Sheriffs. Ein freundlicher Beamter hört sich mein Klagelied an und bedeutet mir, dass ich in Kürze von einem Detective angerufen würde, der dann für meinen "Fall" zuständig wäre.

Es vergehen etwa 2 Stunden, als sich das Büro des Sheriffs in Gestalt einer südstaatlich klingenden Dame namens Officer Green meldet. Sie klingt wie eine runde, gemütliche, schwarze Mami, also eine, die man im Babyalter gerne als Nanny gehabt hätte. Wir unterhalten uns eine geschlagene Dreiviertelstunde. Im Verlauf des Gesprächs erwähnt sie des öfteren ihren Namen und vergisst nie zu betonen, dass ihr Name so wie die Farbe "green" sei. Während der Unterhaltung bringt sie die Anzeige zu Papier.
Ich vergesse nicht, ihr mitzuteilen, dass es sich hier nach Ansicht meiner Bank in Deutschland um ein immer wiederkehrendes Problem handelt, das durch die zuvor genannte Organisation begangen wird. Sie verspricht, dies weiter zu verfolgen und an die entsprechende Stelle weiter zu geben. Ich rate ihr noch für weitere Details die Bank selbst anzurufen, ob sie dies tat, entzieht sich meiner Kenntnis. Sie gibt mir noch eine Telefonnummer zu einem Archiv, in dem meine Anzeige aufbewahrt wird, sowie eine Archivnummer. Somit sollten wir eigentlich aus dem Schneider sein, falls wir von nicht bezahlten Geschäftsleuten eventuell auf der Heimreise abgefangen würden.

Ich kontrolliere meine E-mail und stelle fest, dass ich eine Nachricht von der Kontrollbank in Frankfurt vorliegen habe. Ich öffne die Mail und wir stellen zu unserer Freude fest, dass der Banker, mit dem ich zuvor telefonisch sprach, mitteilte, meine Internet-Bank hätte sich nun doch bereit erklärt, die Kosten für eine neue Karte zu übernehmen. Ich hatte ihm vorher auch schon telefonisch angeboten, ich würde zur Not die Kosten selbst tragen, nur um schnellstens wieder an eine gültige Karte zu kommen. Dies war allerdings laut seiner Aussage nicht möglich. Er schrieb weiterhin, dass die neue Karte pünktlich bei unserer am 12. März bevorstehenden Ankunft in Riverview (Tampa) per UPS ausgeliefert sein würde. Uns beiden entrang sich ein Seufzer der Erleichterung. Da ich allerdings ein misstrauischer Mensch bin, hielt sich meine Begeisterung doch noch in Grenzen.

Etwa 2 Stunden später klingelt das Telefon. Ich hebe als gebranntes Kind mit Unbehagen ab. Es meldet sich eine männliche Stimme, die sagt: "Hier ist Visa-Kanada, mein Name ist soundso". Ich echoe daraufhin ergrimmt: "Visa-Kanada? Warum nicht gleich Visa-China, was haben Sie denn jetzt wieder für schlechte Neuigkeiten?" Die Stimme am anderen Ende braucht eine Weile, bevor sie sich von meiner unfreundlichen Begrüßung erholt hat.

Dann, schon viel vorsichtiger geworden, antwortet die piepsige Stimme, die inzwischen einiges an Elan verloren hat: "Ich habe gute Neuigkeiten und will nur noch einmal mit Ihnen die mir genannte Lieferadresse abstimmen!". Schon etwas fröhlicher geworden, tun wir dies und er versichert, die Karte würde auf uns am 12. März bei unseren Freunden in Tampa bereit liegen.

Für den Rest des Tages erholt sich Birgitta am Pool in schönstem Sonnenschein, während ich den außenliegenden Whirlpool mit seinem heißen Wasser und kräftigen Düsenmassagen genieße. Zwischendurch laufe ich immer wieder mal ins Zimmer zurück, um zu sehen, ob nicht per E-mail vielleicht doch schlechte Nachrichten gekommen sind. Dies ist nicht der Fall und so beschließen wir abends den Tag mit einem Bad im Atlantik.
 
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Jens

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12. März 2005

Wir checken aus dem Hotel aus, wobei Mary, die freundliche Empfangsdame von uns ein Resort-Fee (Kurtaxe) in Höhe von 4.50 Dollar pro Tag haben will. Ich protestiere, da ich in den Unterlagen von Neckermann gelesen habe, dass mit unserer Zahlung in Deutschland alles abgegolten wäre. Mary durchforstet irgendwelche Listen, um dann zuzustimmen und verzichtet auf die Kurtaxe.

Lilly, das Auto, ist beladen, mittlerweile bedingt durch die Einkäufe einiges schwerer geworden. Ich hole zum letzten Mal mit der Zimmerkarte Eiswürfel aus dem Automaten und befülle damit unsere Eisbox. Auf der circa 3 bis 4-stündigen Fahrt nach Tampa wollten wir natürlich nicht auf kalte Getränke verzichten. Auch hatten wir noch einiges an Lebensmitteln, die ich vor ein paar Tagen, als unsere Kreditkarte noch zeitweise funktionierte, im Überfluss eingekauft hatte, da ich nicht wollte, dass wir neben schnell schrumpfenden Finanzmitteln auch noch hungern sollten, in der Kühlbox unterbringen können.

Wir steuern Lilly auf den Bee Line Expressway, der in gerader Linie auf Orlando zuführt. Der Expressway ist mautpflichtig, alle paar Meilen ist, glaube ich mich entsinnen zu können, 1 Dollar fällig. Kurz vor Orlando biegen wir links von der vom Navigator ausgerichteten Route ab, und lassen Orlando rechterhand liegen. Der Navigator regt sich eine Weile lang auf und quakt ständig durch den Lautsprecher: "Off Route, Off Route, Off Route"!. Als er merkt, dass das genau ist, was wir wollen, schweigt er und berechnet die neue Route. Ähnliches war uns des öfteren auch schon vorher widerfahren und sollte auch in Zukunft öfter vorkommen. Es ist mittlerweile früher Nachmittag und, da wir ohne Frühstück losgefahren waren, entscheiden wir uns vom Highway abzubiegen und uns ein in der Nähe des Highway liegendes Restaurant zu eigen zu machen.

Dieses "Restaurant" ist eigentlich eine Trucker-Kneipe, in der es unter anderem auch Waffeln und Pfannkuchen gibt. Die Serviertheke ist kundenseitig als Bar mit davor stehenden Barhockern, auf denen die Trucker ihr Essen verzehren, gebaut. Hinter der Serviertheke gibt es einen großen Grill, der von einem jungen, pickeligen Mann, der so aussieht als würde er noch mitten in der Pubertät stecken, bedient wird. Unsere Bedienung sieht aus, als hätte sie keine Mühe, im nahen Disneyland auf der Geisterbahn einen Job zu bekommen. Dazu ist sie noch äußerst redselig. Jedes zweite Wort, das sie an mich richtet, besteht aus "Honey" (im Süden der USA eigentlich allgemein üblich, soll sehr höflich sein und steht in etwa für "Lieber" oder "Liebes"). Ihre ganze Art, ihre Geschwätzigkeit und ihr dauerndes "Honey" geht mir gewaltig auf den Sender. Birgitta bestellt sich mit Hilfe der Speisekarte ein größeres Menü. Ich bestelle mir Hash Browns (knusprig, braungebratene Kartoffelstreifen), 2 Eier, 2 Scheiben Bacon (Frühstückspeck),Toast, sowie 2 Waffeln mit Ahornsirup, dazu viel Kaffee. Der alternde Junge am Grill gerät in Bewegung. Ich hoffe, dass unter der Hitzeeinwirkung des Grills sich seine Pickel nicht frühzeitig öffnen. Daß er sich zwischendurch auch mal im Gesicht kratzt, versuche ich krampfhaft zu übersehen.

Jedes Mal, wenn unser Geisterbahn-Star hinter der Theke an uns vorbeikommt, quatscht sie uns an, und zu meinem Missfallen, hauptsächlich mich. Endlich serviert sie uns Kaffee. Der Kaffee ist gut und heiß. Nach einer weiteren Weile bekommen wir von ihr Tellerunterleger und Besteck. Birgitta bekommt ihr Essen relativ zügig, ich bekomme nichts. Nach einer weiteren Weile des Wartens nehme ich all meinen Mut zusammen und frage unsere Bedienung, wo denn das Essen bliebe? Sie schaut mich mit großen Augen an, verfällt in einen weiteren Schwall ihres Rededrangs, der damit endet: "Hast Du noch nichts bekommen?" Die Frage war völlig überflüssig, wie sie sehen konnte, hatte ich noch nicht mal einen Teller, geschweige denn etwas auf einem solchen!. Sie schreit etwas quer durch den Raum zu dem Grillexperten, den ich insgeheim "Pimpel=Pickel" getauft hatte. Dieser bequemt sich, mit einem übergroßen Spachtel irgendetwas Undefinierbares vom Grill zu kratzen, was sich anschließend auf meinem Teller als die Hash Browns entpuppen sollte. Geschmacklich waren diese in Ordnung. Die Hash Browns, etwa in der Menge eines kleinen Kartoffelpfannkuchens verschwanden schnell von meinem Teller. Danach war wieder Warten angesagt. Wieder meinen ganzen Mut zusammennehmend fragte ich unsere Bedienung, wo denn der Rest bliebe? Wieder folgte ein Schwall aus ihrem Mund, gewürzt mit vielen Honeys, was in mir den unwiderstehlichen Wunsch erweckte, ihren Redefluss mit einer großen Waffel, zu einem Knebel geformt, abrupt zu beenden. Vielleicht konnte sie auch Gedanken lesen und wähnte sich in Sicherheit, denn ich hatte ja schließlich noch nicht die bestellte Waffel! Sie wollte wissen, wie ich die gebratenen Eier haben wollte, woraufhin ich ihr sagte, dass ich gerne "Sunny Side Ups" (Spiegeleier) wollte. Wieder ging ein Schrei quer durch den Raum an den Jungen am Grill, welcher mit gekonntem Griff 2 Eier auf die Platte klatschte. Nach etwa 20 Sekunden wurden die Eier serviert und hatten kaum die Farbe gewechselt, sondern waren so schlabberig, wie sie normalerweise in einem Ei vorhanden sind. Ich gab die Eier zurück und bat, aus diesen "Easy Overs" (beidseitig gebackene Eier) zu machen. Mein Wunsch ging in Erfüllung. Ich aß die beiden Eier und wartete auf den Toast und den Frühstücksspeck. Wieder, nach einer Weile des Wartens, erbat ich dann beides und wurde wieder mit einem Schwall Honey und ähnlichem bedacht. Ein weiterer Schrei ging in Richtung Grill. Pickel stieß einen ebensolchen Schrei aus, hob irgendein Gerät das wie ein altes Bügeleisen aussah vom Grill, um festzustellen, dass sich unter diesem Bügeleisen schon seit längerem meine beiden Scheiben Frühstücksspeck befanden, jetzt natürlich ganz in Schwarz. Er griff wieder zu dem großen Spachtel und beförderte diese mit einer offensichtlich oft geübten Bewegung in einen Mülleimer. Er legte neuen Speck auf den Grill, der alsbald serviert wurde und, man glaubt es kaum, jetzt auch mit dem Toast. Die anschließend monierte Waffel kam auch sehr bald und schmeckte, zusammen mit Ahornsirup, vorzüglich. Die Mahlzeiten für uns beide beliefen sich zusammen auf etwa 14 Dollar und wir schickten uns an, diesen Gourmet-Tempel zu verlassen. Da wir noch etwa 2 bis 3 Stunden Fahrt vor uns hatten, suchten wir noch die Toilette auf. Dies hätte ich besser sein lassen, denn die Toilette war offensichtlich stark von schlecht zielenden Truckern frequentiert. Der Gestank und der übrige Aussehen dieser ungastlichen Stätte in Bezug auf Sauberkeit sorgte beinahe dafür, dass ich mein auf Raten serviertes Essen mir dort noch einmal durch den Kopf gehen ließ.

Weiter exzellent vom Navigator geführt, erreichen wir Riverview, wo es seitens Tony und Monika ein herzliches Willkommen und großes Hallo gibt.

Die beiden hatten sich vor 2 Jahren dort ein schönes, geräumiges Haus gekauft. Sowohl Birgitta und auch ich hatten jeder ein eigenes Schlafzimmer mit angegliedertem Gästebad für sich.
 
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Wir erleben wunderschöne Tage bei unseren Freunden und unternehmen einige Ausflüge zusammen. Unter anderem besuchen wir MacDill Air Force Base, auf dem Tony als Militärangehöriger stationiert ist, weiterhin Ibor City in Tampa und auch das ebenfalls in Tampa gelegene, relativ neue Aquarium. Das Aquarium ist ein riesiger, gläserner Bau in Kuppelform, mit typischen amerikanischen Dimensionen.

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Tampa Aquarium ...

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Neugieriger Pelikan im Aquarium, Tampa

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Bob, Birgitta vor dem AF Armament Museum

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Ausgediente Flugzeuge ...

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Ausgediente Bombe "Fat Boy" ...

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v.l.n.r. Birgitta, Tony, Monika, MacDill AFB



Dann führt uns ein weiterer Ausflug am frühen Morgen bei sonnigem Wetter und herrlichen Temperaturen südlich nach Anna Maria Island, weit draußen im Golf von Mexiko, in der Nähe von Bradenton Beach, südlich von St. Petersburg. Wir gönnen uns einen herrlichen Tag am schneeweißen Strand. Auf der Rückfahrt halten wir noch in Ellenton, wo es eine der vielen großen Shopping Malls gibt. Hier muss die neue Kreditkarte häufig herhalten. Alles verläuft glatt, die Karte wird überall problemlos akzeptiert.

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Ellenton Outlets ...


Am 15. März brechen wir in Richtung Fort Walton Beach im nördlichen Florida, nahe zur Grenze von Alabama auf. Wir entscheiden uns, von Riverview erst in südlicher Richtung zu fahren, um von dort auf die Sunshine Skyway Bridge, die quer über die Bucht vom Tampa nach St. Petersburg führt, zu fahren. Unterwegs fängt jedoch an zu nieseln und aus den Bildern, die ich unbedingt aufnehmen wollte, wurde natürlich nichts. Die Brücke war im Nebel kaum zu sehen.

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Sunshine Skyway Bridge spottet ihrem Namen ...

Wir durchqueren St. Petersburg und, anstatt wieder nach rechts in Richtung Highway zu fahren, bleiben wir auf der US 19, die uns immer dicht an der Golfküste entlang führt. Bis weit hinter St. Petersburg verlieren wir viel Zeit, da auf dieser relativ unbedeutenden Nebenstraße eine Verkehrsampel die andere ablöst. Am Nachmittag, etwa gegen 15.00 Uhr haben wir beide das Fahren satt und entscheiden uns dafür, in einem Ort in einem an der Hauptstraße gelegenen Motel, zu übernachten. Birgitta ist dies auch ganz recht, da sie ab St. Petersburg die ganze Strecke, etwa 100 Meilen mit sehr vielen Ampeln, gefahren war. Wir parken also das Auto in der Zufahrt zum Motel.

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Lilly vor EconoLodge, Crystal River ...

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EconoLodge, Crystal River ...

Ich gehe hinein und frage nach einem freien Zimmer, vorzugsweise für Raucher. Hinter dem Empfangstresen steht eine ältere Dame, die das ganze sehr geschäftstüchtig betreibt. Sie bestätigt, ein Zimmer frei zu haben und verlangt dafür 89 Dollar. Da ich damit rechne, das auch in dieser Gegend Spring Break (Schulferien) für ein kräftiges Ansteigen der Hotelpreise sorgt, akzeptiere ich. Aufgrund meines fragenden Blickes nuschelt sie vor sich hin: "Das Zimmer gibt's auch billiger, wenn dort nur ein Doppelbett steht, anstatt zwei Betten, was eigentlich Standard ist." Sie geht mit dem Preis um 10 Dollar herunter und ich überreiche ihr meine Kreditkarte, um die Buchung zu bestätigen. Im Zimmer angekommen empfängt uns ein dermaßen penetranter Nikotingeruch, der so schlimm ist, dass es eine Sau grausen würde. Wir trösten uns mit dem Gedanken, das noch einzig freie Zimmer bekommen zu haben und haben keine Lust, auf weitere Suche zu gehen. Außerdem haben wir einen sehr guten Geruchsvertilger, den uns die Reinigungsdamen des Holiday Inn auf Cocoa Beach zum Gebrauch in Deutschland mitgaben, dabei. (Da meine Frau sich des öfteren über meinen im heimischen Büro verbreiteten Nikotingeruch beschwert, war ich eigentlich schon seit langer Zeit auf der Suche nach einem solchen Geruchsbeseitiger. Dieser wird einfach auf den Teppich gesprüht und sorgt für angenehmen Geruch, der für etwa 2 Tage anhält).

Wir versprühen also einiges von unserem mitgebrachten Geruchsvertilger, was die Atmosphäre deutlich wohnlicher werden läßt. Das Zimmer ist abgewohnt, nicht sonderlich sauber und, abgesehen von dem Gestank, in einem belämmerten Zustand. Ich setze mich auf die Couch und sinke fast bis auf den Fußboden. Diese Couch muss wohl schon viel erlebt haben und ist mindestens 30 Jahre alt. Nachdem ich mich mühsam, wie ein auf dem Rücken liegender Maikäfer, wieder aus den Tiefen der Couch befreit hatte, nahm ich unseren Laptop und bin zurück zum Auto, weil ich mir von der GPS-Anlage zeigen lassen wollte, wo wir uns denn eigentlich befänden.

Ich lege den Laptop auf Lillys (Lilly, das Auto) Dach und der entsprechende Satellit zeigte mir, dass wir uns noch weit von Fort Walton Beach entfernt befanden. Der gezeigte Ort nannte sich Crystal River.

Ich faltete also den Laptop wieder zusammen, ging zurück zum Motelzimmer und stolperte über einen Betonblock, der dafür sorgen sollte, dass die dort parkenden Autos nicht zu dicht an den vor den Zimmern verlaufenden Gehweg aus Beton heranfahren konnten. Ich hing also mit dem am Autoreifen vorstehenden Betonblock mit meinem linken Fuß fest, kam zu Fall und schlug mit dem linken Knie auf die dahinter liegende Betonkante des Gehwegs auf. Der Laptop mitsamt GPS-Antenne löste sich wegen des abrupten Stopps aus meinen Händen, wirbelte durch die Luft und schlug mit einem lauten Knall auf den Beton, überschlug sich ein paar Mal, um dann zum Stillstand zu kommen. Mein erster Gedanke, der sogar die Schmerzen in meinem aufgeschürften Knie überdeckte, war: "Jetzt ist alles hin". Der Laptop diente uns schließlich überall als Zugang zum Internet (ich hatte auch noch Überweisungen über meine Bank in Deutschland zu tätigen und auch geschäftliche Dinge in die Wege zu leiten) sowie als wertvoller Navigator überall in Florida. Von dem Knall herausgelockt, erschien meine Frau vor dem Motelzimmer und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Mir einige deftige Flüche verkneifend, hob ich den Laptop auf, trug ihn in das Zimmer und war mir sicher, dass der Rechenknecht die Tortur nicht überlebt hatte. Doch Fortuna war mit uns, außer ein paar kräftigen Abschürfungen und einem leicht verbogenen Display sowie einem scheußlich klingendem Lautsprecher, hatte dieser keine weiteren Schäden davongetragen.

Mit großer Erleichterung klappte ich den Laptop wieder zusammen und nahm mir eine vom Hotelpersonal ausgelegte Willkommensbroschüre als Lesematerial vor. Hierin war beschrieben, dass AAA-Mitglieder 10 % Rabatt auf den Zimmerpreis erhalten. Dies galt natürlich auch für ADAC-Mitglieder. Ich wieselte also so gut mein Knie das zuließ über den Hof zum Empfang, wo mittlerweile die Besatzung wohl die Schicht gewechselt hatte. Ein Mann im mittleren Alter, seinem Aussehen nach Inder, hatte mittlerweile die Leitung übernommen. Die alte Dame, die uns das Zimmer zuvor zugewiesen hatte, befand sich ebenfalls noch hinter dem Tresen. Ich fragte also den Empfangsmenschen nach dem Rabatt, woraufhin die Alte hinter dem Tresen herauskeifte: "Dem hab' ich schon Rabatt eingeräumt". Wie sie darauf kam, war mir allerdings schleierhaft, denn die 10 Dollar Rabatt galten ja schließlich für das fehlende Bett. Ich hatte aber keine Lust mich weiter mit ihr zu streiten und verließ wortlos das Lokal.

Wir hatten eigentlich vor, an die wenige Meilen entfernte Küste zu fahren, um dort die zahlreich vorkommenden Seekühe zu beobachten. Stark einsetzender Regen machte uns allerdings einen Strich durch diese Rechnung, worauf wir uns entschieden, eine Shopping Mall in etwa 5 Meilen Entfernung in die Richtung, aus der wir gekommen waren, aufzusuchen. Einige weitere Einkäufe in Form von Bekleidung und ein Einkauf im Home Depot wurden mit Kreditkarte problemlos bezahlt.
 
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Jens

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16. März 2005

Wir checken aus dem Motel morgens aus und nehmen ein im Preis enthaltenes äußerst langweiliges "Continental Breakfast", bestehend aus schlabberigen Bagles (brötchenähnliches Gebäck), etwas Marmelade und Kaffee, der so dünn ist, dass man den Boden der Tasse sieht, zu uns.
Es folgen lange, lange Meilen mit schnurgeraden Straßen durch menschenleere Mangroven-Wälder, die mich wegen des eingeschalteten Tempomats sehr ermüden.

Birgitta entschließt sich, das Auto weiter zu fahren und ich mache ein längeres Nickerchen. Endlich ist am Stand der Sonne und auf dem Navigator zu sehen, dass wir nicht in Richtung Norden, sondern in Richtung Westen fahren, und uns im Panhandle befinden. Allerdings dämpft die aufkommende Freude über ein möglich baldiges Ankommen in Fort Walton Beach die Tatsache, daß wir immer noch ewig lange Meilen, diesmal durch stärker bebautes Gelände mit einer Reihe von Ortschaften und Städten hinter uns bringen müssen.

In Panama City hören wir wieder einmal mehr nicht auf die Stimme des Navigators, sondern folgen den Straßenschildern in Richtung Westen. Erneut krächzt aus dem am Tag zuvor demolierten Lautsprecher die Stimme "Off Route, Off Route, Off Route" auf, aber das kennen wir ja schon. Der Lautsprecher krächzt noch eine ganze Weile, woraufhin ich ihm den Ton abdrehe. Wir finden auch so auf die richtige Strecke zurück, um festzustellen, dass auf der einzigen Straße (Küstenstraße) zwischen Panama City und Fort Walton Beach der Bär tanzt. Der Bär besteht aus unzähligen jungen Studenten / Schülern, die hier ihre Schulferien ausgelassen feiern.
Papi und Mami haben offensichtlich tief in den Sparstrumpf gegriffen, um den jungen Leuten dieses Vergnügen zu finanzieren und auch wohl ihr Familienauto geliehen. Entsprechend dicht ist der Verkehr auf der Straße, circa 80 km Stop and Go. Am späten Abend kommen wir in Fort Walton Beach bei unseren Freunden Bob und Debbie an. Bob nimmt uns herzlich auf und zeigt uns unser Zimmer. Debbie, die für das US Militär auf der Eglin Air Force Base arbeitet, befindet sich auf einem Lehrgang in Ohio, soll aber am übernächsten Tag wieder zurückkommen. Wir fallen todmüde ins Bett und kommen noch nicht mal dazu, uns wohnlich einzurichten.
 
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Jens

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Bob und wir gehen, bzw. fahren (mein vorgestern aufgeschlagenes Knie schmerzt) auch mein rechtes Knie, in dem seit längerer Zeit eine ausgeprägte, schmerzhafte Arthrose mein eigen nenne, zum nahe gelegenen Yachthafen, wo Bobs und Debbies ganzer Stolz, der Katamaran "Velocity" sicher vertäut liegt.

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Einlauf in den Yachthafen

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Schiff Ahoi, Velocity im Liegeplatz ...

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Proud Velocity !

Wir entscheiden uns, da relativ starker aus ungünstiger Richtung kommender Wind vorherrscht, das Boot mit vielen Schwierigkeiten aus der Enge seines Liegeplatzes ganz vorsichtig heraus zu führen. Auf beiden Seiten ist zwischen den Stegen auf jeder Seite des Bootes gerade genug Platz, um dort Fender (Gummipuffer) zu haben.
Ein- und Ausfahrmanöver gestalten sich immer, auch ohne ungünstigen Wind, sehr schwierig, will man nicht dort vorhandene Spundwände oder andere, der zahlreichen Boote rammen, so Bobs Aussage. Wir sollen schnell erfahren, wovon er redet, schaffen es allerdings zu dritt relativ elegant aus dem Hafen heraus zu kommen. Wir fahren, nur von dem Focksegel getrieben, einen etwa 2-stündigen Törn. Wir kommen zurück in den Hafen und assistieren Bob, der am Ruder steht, indem wir uns auf beide Spitzen der Bootsrümpfe stellen und mit langen Bootshaken versuchen, das Boot gegen das Rammen des Stegs zu schützen.

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Crew beim Klarmachen, man beachte die Enge des Liegeplatzes ...


Das Boot gleitet Zentimeter für Zentimeter in seinen Liegeplatz, von Bob sicher gesteuert. Um das Boot noch etwas besser in Position zu bringen, schieben wir es etwas mit unserem Bootshaken zurück. Ich stehe, ebenso wie Birgitta auf der anderen Seite des Katamarans, auf einer sehr schmalen Fläche, die gerade genug Platz bietet, beide Füße nebeneinander zu haben. Ich halte mich zur Sicherheit mit hochgestrecktem linken Arm an einem Drahtseil, mit dem der Bootsmasten an der Rumpfspitze befestigt ist, fest und versuche, mit der rechten Hand , die den Bootshaken hält, gegen den Steg nachzustoßen, um Velocity noch etwas weiter zurück zu drücken. Aus irgendeinem Grund trifft der Bootshaken ins Leere und ich verliere den Halt. Ich kippe zur rechten Seite weg, kann mich noch eine ganz kurze Weile mit dem linken Arm an dem Drahtseil festhalten, um dann senkrecht in Richtung Wasser zu fallen. Auf dem Weg dorthin schlage ich mit dem Brustkorb auf die Bootskante auf, was dafür sorgt, dass mein Körper eine Vierteldrehung rückwärts in Richtung Wasser macht, wo ich, rückwärts sinkend, über mir eine grünlich schimmernde Sonne verschwinden sehe.

Ein Adrenalinstoß durchjagt meine Adern, hervorgerufen aus meiner Angst, dass Bob möglicherweise in der Mitte unter dem Trampolin (zwischen beiden Bootsrümpfen gespannte netzartige Liegfläche) im Wasser zwischen den Rümpfen weitere Taue oder ähnliches verbaut hat, was mich daran hindern würde, wieder aufzutauchen. Das ist zum Glück nicht der Fall, und nach einer Weile, tauche ich, immer noch auf dem Rücken liegend aus dem Wasser unter dem Boot wieder auf. Ich schwimme in Richtung Land, wo es eine Badeleiter gibt, die Bob inzwischen klugerweise herunter gelassen hat. Ich vermisse meine Sonnenbrille und meinen linken, erst kürzlich gekauften Reebok-Tennisschuh. Ich ziehe mich unter Schmerzen an der Badeleiter hoch, stehe auf dem Steg und bemerke, dass ich am linken Unterarm blute. Hier muss ich wohl beim Herabfallen eine Seilkausche erwischt haben, die mir einige nicht sehr tiefe Schnitte und eine etwas tiefere runde Wunde, die immer noch zur Hälfte mit Haut bedeckt war, zugefügt hat.

Ich schimpfe lauthals, dass mein Schuh verschwunden ist und schreibe diesen schon innerlich ab, ebenso wie meine Sonnenbrille. Bob, der immer noch damit beschäftigt war, das Boot zu vertäuen, empfiehlt mir in sehr ernstem Ton, die offenen Wunden mit Frischwasser, das in Gartenschläuchen an jeden Bootsplatz zur Verfügung steht, mit scharfem Strahl auszuspülen. Ich winke ab, da ich dies für sekundär halte, da sich mittlerweile ein wilder Schmerz in meinem Brustkorb breit macht, unter dem ich kaum zu Atmen vermag. Bob besteht weiterhin auf der Wunden-Spülaktion und begründet dies damit, dass das dortige Wasser durch sehr starke Wasservogelpopulation und Muscheln, die zuhauf an den in den Grund eingelassenen, die Stege tragenden Pfähle in Schichten übereinander kleben, verseucht ist. Er benennt eine Reihe von Segelkameraden, die mit ähnlichen Verletzungen unbekümmert umgegangen sind und dies mit langwierig faulenden Wunden und sogar Amputationen bezahlen mussten. Ich trolle mich also zu dem nächsten Wasserschlauch, drehe diesen so weit wie möglich auf, und halte den starken, durch eine Pistole konzentrierten Strahl direkt in die schmerzenden Wunden. Weil ich auch noch die Wunde, die teilweise mit Haut bedeckt ist, gründlich ausspritzen will, versuche ich, die darüber liegende hohl aufliegende Haut abzureißen, um dem Wasser Platz zu machen. Dies gelingt mir jedoch nicht. Hier habe ich zum ersten Mal erfahren, wie lederartig doch Menschenhaut sein kann. Mein Tennisschuh hat sich inzwischen wieder eingestellt, er stand völlig unschuldig auf dem Bootsrumpf an der Stelle, an der ich vor dem Fall stand. Wie ich mich aus diesem Schuh herausdrehen konnte, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Nachdem das Boot gesichert ist, suche ich mir im Clubhaus ein paar große Plastiksäcke, um damit Lillys (das Auto) Sitze gegen meine nasse Kleidung zu schützen. Wir kommen bei Bobs Haus an und er geht schnellstens an die Hausapotheke, um Jod zu holen. Das Jod brennt in den frischen Wunden entsetzlich, allerdings tröstet mich der Gedanke, dass doch wohl hoffentlich alle unerwünschten Keime, die nach der Spülaktion eventuell noch vorhanden waren, vernichtet worden sind.

Die darauf folgende Nacht wird grausam. Meine linke Brustkorbhälfte schmerzt, daß es einen in den Wahnsinn treiben könnte, obwohl ich von Deutschland für meine Kniearthrose mitgebrachte, äußerst starke Schmerzmittel (Opioide, wie auch Morfinpflaster), die vom Hausarzt verschrieben und in einem mehrsprachigen Formular attestiert wurden, in großen Dosen zu mir genommen hatte. Fast stündlich riss mich jäher Schmerz aus einem sowieso schon gestörten Schlaf heraus, wenn ich mich auf die verletzte Brustkorbseite drehte. Am nächsten Morgen will mich Bob unbedingt zu einem Krankenhaus bringen, um dort feststellen zu lassen, ob eine oder mehrere Rippen gebrochen und / oder bei dem Festhalten am Seil Muskeln angerissen wären. Ich lehne dies ab, da ich keinen Sinn darin sehe, da das Resultat nur aus einer gesalzenen Arztrechnung bestehen würde. Gebrochene Rippen oder angerissene Muskeln kann man bestenfalls attestieren, aber nicht eingipsen oder anders behandeln. Ich besorge mir weitere starke Schmerzmittel, die es in Amerika ja in unbegrenzten Mengen in den Drug Stores rezeptfrei gibt.
 
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18. März 2005

Wir fahren wieder zurück zum Yachthafen, um nach meiner verloren gegangenen Sonnenbrille zu suchen. Im Sonnenlicht sehen wir diese tatsächlich in einigen Metern Tiefe auf dem Meeresgrund liegen. Unter Zuhilfenahme des Bootshakens, den wir mit einem Kescher (Netz zum Herausholen von am Angelhaken hängenden Fischen) verlängerten, gelang es uns, die Sonnenbrille wieder ins Trockene zu bringen.
Am frühen Nachmittag fahren wir Debbie, die von ihrer Dienstreise aus Ohio zurückkommt, vom nahe gelegenen Regionalflughafen abholen. Die Fahrt dorthin verbinden wir mit einem Besuch des Air Force Armament Museums und einem gemeinsamen Essen mit Debbie anschließend auf der Eglin Air Force Base.
 
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19. - 22. März 2005

Die Nacht war für mich wieder höllisch und das ist noch milde ausgedrückt. Ständiges, von Schmerzen aus dem Schlaf gerissen werden, zermürbt mich. Auch fängt mein Magen an, wegen der vielen, wahllos eingenommenen Schmerzmittel, die kaum Wirkung zeigen, zu revoltieren. Da Ibuprofen, welches ich in großen Dosen neben den anderen Schmerzmitteln schlucke, in dem Ruf steht, Magenbluten und sogar Magendurchbrüche zu erzeugen, frage ich mich des öfteren, wie lange das wohl gut gehen kann. Auch die Tage sind sehr schmerzhaft und ich bin in entsprechend schlechter Stimmung. Die nächsten Tage unternehmen wir nicht sehr viel. An einem dieser Tage führt uns Bob nach der nahe gelegenen Insel Santa Rosa Island, deren schneeweiße Strände weithin berühmt sind. In der Tat finden wir den immer noch vom letzten Hurricane stark beschädigten Strand mit seinen Dünen wirklich von einem Weiß, daß es bei Sonnenschein unmöglich machen würde, ohne sehr dunkle Sonnenbrille auszukommen. An diesem Tag ist es allerdings stark bewölkt. Trotzdem ziehen wir es vor, Sonnenbrillen zu tragen.

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Sjoetroll und Birgitta - Ft Walton, Santa Rosa, Strand so weiß wie Schnee
 
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23. März 2005

Sonnig, Temperaturen etwa 23 °C, schwach windig in Hausnähe.
Wir haben vor, Velocity, den Katamaran, klar zu machen und damit einen Ausflug auf den Golf von Mexiko zu unternehmen. Wir kommen im Yachthafen an und stellen fest, dass hier der Wind weitaus kräftiger ist und uns keine Möglichkeit bietet, Velocity sicher aus dem Liegeplatz hinaus zu manövrieren. Dies auch schon deshalb nicht, weil ich meinen linken Arm nicht einsetzen kann.
 
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24. März 2005

Ebenfalls sonnig, Temperaturen etwa wie gestern, fast Windstille. Bob hat seinen Freund John gebeten an dem bevorstehenden Törn teilzunehmen, da jede verfügbare Hand gebraucht wird und ich mit meinem Handicap nahezu wertlos bin.

Ich stelle mich an die äußerste Spitze des Yachthafens und schieße eine Reihe Fotos von Velocity unter Fahrt und ihrer Besatzung. Nach Abschluss der Aufnahmen gehe ich selbst an Bord und wir starten mit gutem Rückenwind in Richtung Golf. Velocity dreht unter voller Beseglung kräftig auf, wir messen eine Geschwindigkeit von 26 Knoten.

Unterwegs sehen wir plötzlich in Bootsnähe springende Delfine, die uns eine lange Zeit begleiten. Ich frage Bob, ob diese wohl mit einem Menschen spielen würden, weil Delfine ja in dem Ruf stehen, sehr menschenfreundlich und verspielt zu sein. Bob lächelt und verneint, es handele sich schließlich um Wildtiere, die sofort abtauchen würden, sollte sich ihnen ein Mensch nähern.

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Crew, hinten der nutzlose Sjoetroll (Originalzitat Sjoetroll ;))

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John als wertvolles Crew-Mitglied

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Skipper Bob & Debbie

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Skipper Bob


Wir sind etwa 3 Stunden unterwegs auf dem Golf von Mexiko, als der Wind weiter kräftig auffrischt und zu einer steifen Brise wird. Velocity durchpflügt die Wellen, bei jedem Eintauchen in das nächste Wellental bekommen wir eine kräftige Dusche. Um uns herum ist nur Wasser, Sichtkontakt zum Land haben wir lange verloren. Wir entscheiden uns zu einem Wendemanöver um wieder nördlich in Richtung Land zu gelangen. Jetzt ist Kreuzen gegen den Wind angesagt. Da dies ständiges Lösen und Festzurren des Hauptsegels erfordert, wobei ich als "Einarmiger" nicht einsatzbereit bin, übernehme ich das Ruder, das aus einer zwischen beiden Ruderblättern quergespannten Stange besteht, die ich mit meinem rechten Arm bedienen kann. Bei jedem Kreuzvorgang drückt der Wind einen der beiden Rümpfe des leichtgewichtigen Bootes stark in die Höhe, was erfordert, dass die gesamte Crew schnellstens zusehen muss, als Gegengewicht auf die andere Bootsseite zu kommen. Velocity macht sehr gute Fahrt, ich schaffe es kaum dem Wasserdruck, der auf beide Ruder einwirkt, Paroli zu bieten. Endlich, nach langer Zeit, kommt wieder Land in Sicht.
Die Durchfahrt in die Choctawhatchee Bay ist schnell durchquert und wir drehen in der Nähe der Ortschaft Destin nach Backbord und laufen den Yachthafen an. Der Landungsvorgang sowie das Vertäuen des Bootes verläuft problemlos. Jedes Crewmitglied legt Hand an. Alle sind einigermaßen erschöpft, aber glücklich.
 
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25. März 2005

In einer Zeitungsannonce mit Rabattcoupons finde ich ein Hotel in der Nähe von Orlando, das Days Inn Davenport, gleich an der Interstate 4 / US 27 gelegen. Der gewollte Preis beträgt 69 Dollar pro Zimmer, pro Nacht. Als ich nach AAA-Rabatt frage, wird dieser eingeräumt und verringert den Preis auf 62,95 Dollar plus Steuern. Ich rufe unsere Freunde Chris und Carol in North Carolina an, mit denen wir uns in der Orlando-Gegend nach 8 Jahren wieder treffen wollten. Chris und Carol waren lange unsere Nachbarn und enge Freunde, als Militärangehörige in Deutschland stationiert. Das letzte Treffen war, wie gesagt, vor 8 Jahren, als sie noch in Tucson, Arizona wohnten. Unter anderem unternahmen wir zusammen einen Autotrip nach San Diego und verbrachten dort 3 schöne Tage am Pazifik zusammen.

Carol sagt am Telefon zu, auch gleich das Hotel anzurufen um dort ebenfalls zu buchen. Chris und Carol stammen ursprünglich aus der Gegend von St. Petersburg und wollten, neben dem Treffen mit uns, zu Ostern ihre dort noch lebenden Eltern besuchen.
 
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26. März 2005

Der Tag unserer Abreise aus Fort Walton ist gekommen. Der Abschied von unseren Freunden verläuft äußerst herzlich und wir bringen Lilly, das Auto, auf die Straße in Richtung Norden, um dort auf den Highway I 10 in östlicher Richtung abzubiegen. Im Radio dudelt "On the Road again", gesungen von Merl Haggard oder war es Willie Nelson? Egal, der Text trifft genau unsere Situation und Stimmung. Auf der I 10 angekommen, übernimmt Birgitta das Steuer und faul wie ich nun mal bin, gebe ich mich einem Nickerchen hin. 2 Stunden später, kurz vor Tallahassee wache ich auf, als Birgitta auf einen riesig großen, sehr schönen, gepflegten Rastplatz einbiegt, der überdachte Grillunterstände sowie Sanitäreinrichtungen für die Touristen kostenlos bietet.

Alles ist sehr gepflegt, wir sind sehr beeindruckt. Weiter geht die Fahrt in Richtung Osten, bis wir auf der I 75 angekommen nach Süden abdrehen. Der Nord-Süd-Verkehr ist sehr dicht, alles scheint die Ostertage im Süden verbringen zu wollen. Das Wetter ändert sich schlagartig, schwarze Gewitterwolken ziehen auf und begleiten uns mit Starkregen, das heißt es waren eher Wolkenbrüche, die ganze restliche Strecke bis kurz vor Orlando. Etwa 60 km vor Orlando ziehen wir auf den Florida's Turnpike um nach etwa weiteren 40 km auf die US 27 bei Clermont in Richtung Süden abzubiegen. Unterwegs konnte ich meine Neugier nicht zügeln und kaufte an einer Tankstelle in Öl frisch geröstete Erdnüsse, die noch heiß waren. Davon erwarb ich ein Pfund, verpackt in einer Papiertüte und einer Plastiktüte. Ich trug meinen neu erworbenen Schatz zum Auto, in welchem sich bald ein recht seltsamer Geruch entfaltete. Jetzt wollte ich doch mal genauer sehen, was ich eigentlich eingekauft hatte. Ich öffnete die Tüten, da die Erdnüsse mit ihrer strohigen Schale geröstet waren und war mir nicht klar, ob man die Schale eventuell mitisst. Ich probierte eine mit Schale und spuckte diese prompt in die nächste Mülltonne. Die Erdnüsse, die ich anschließend aus einer anderen Schale pellte, schmeckten irgendwie wie "Hund ganz hinten". Die gesamte Tüte flog daraufhin in die nächste Mülltonne und ich war eine Erfahrung reicher. Der Rest der Fahrt bis zum Hotel verlief durch den immer noch anhaltenden Starkregen und Blitze, die immer wieder den Horizont erleuchteten, sowie starkes Aquaplaning, sehr unruhig. Dennoch kamen wir gegen 18.00 Uhr am Hotel wohlbehalten an, checkten ein und erfuhren, dass unsere Freunde noch nicht eingetroffen waren. Das Hotel war sehr ordentlich, die Zimmer sauber, bequem und mit der normalen Standardausrüstung versehen. Unsere Freunde trafen etwa 2 Stunden später ein, sie hatten durch das schlechte Wetter, das für sie schon in North Carolina begann, etwa 18 Stunden Non-Stop auf der Autobahn zugebracht. Das Wiedersehen war herzlich, wir verbrachten an dem Abend noch lange Stunden zusammen und wärmten dabei lange Vergangenes wieder auf.
 
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