Schnell die Kleidung zurechtgezupft, ein Blick in den Spiegel 😱 … Make-up überprüft, die Haare gekämmt, ein frischer Spritzer Parfüm und es konnte losgehen. Obwohl wir vor 11 Jahren schon einmal in Carcassonne waren, war ich aufgeregt und wollte schnell in die märchenhafte Festung, die nur einen Fußweg von fünf Minuten von unserer Unterkunft entfernt lag.
Ein Ritt durch die Geschichte Carcassonnes … wer nicht mag, scrollt drüber.
Geschichte
Weit im Süden Frankreichs, im Schatten der Pyrenäen, steht eine der ältesten und beeindruckendsten Burgen Europas. Die mittelalterliche Festungsstadt La Cité, das Wahrzeichen von Carcassonne und UNESCO Weltkulturerbe. Sie ist in ihrem Erhaltungszustand absolut einzigartig in Europa.
Schon lange vor Christus von iberischen Kelten, später von Römern besiedelt, war Carcassonne strategisch von großer Bedeutung. Hier im Süden Frankreichs kreuzten sich von alters her die Wege der Händler, Krieger und Pilger. Auf dem kleinen Hügel über dem Aude Tal gelegen, war es der ideale Platz um den an Carcassonne vorbeiführenden Handelsweg zwischen dem Mittelmeer und Atlantik zu kontrollieren. Auch spielte die Festungsstadt eine wichtige Rolle für die Grenzsicherung des französischen Reiches. Kein Wunder, dass man die Festung im Mittelalter so überaus wehrhaft ausbaute. Carcassonne wurde über Jahrhunderte heiß umkämpft und belagert. Die Herrscher kamen und gingen.
Die eigentliche Geschichte der Stadt begann, als die Römer im 3. Jahrhundert nach Christus einen von 30 Türmen und 4 Toren flankierten Mauerring zum Schutze der Kolonie errichteten, der noch heute den Großteil des inneren Mauerrings bildet. Im Jahre 412 besetzten die Westgoten die Stadt.
725 gelang es den Sarazenen die Stadt einzunehmen. 751 eroberte Pippin der Kurze (Vater von Karl dem Großen) ... witzig ...🙃 die Festungsanlage, das Gebiet wurde fränkisches Lehen. 1067 ging das Lehen an die Grafschaft Barcelona und bald darauf in den Besitz des Grafengeschlechts Trencavel. Sie waren clevere Herrscher, suchten sich nach Bedarf starke verbündete und regierten so über 300 Jahre. Die Stadt wuchs und gedieh unter ihrer Führung. Während ihrer Herrschaft wurde circa 1120 die Burg „Château Comtal“ erbaut.
Die Zeit der Katharer oder Albigenser
Im Mittelalter häufte die Katholische Kirche wahre Reichtümer an, Steuern und Kredite ließen die Kasse der Kirche klingeln. Es erschienen Wanderprediger in ganz Okzitanien, die die Gier und Maßlosigkeit der Kirche anprangerten. Sie selbst pflegten einen einfachen Lebensstil und lehnten den Prunk der Kirche ab. Sie hatten den Mut in aller Öffentlichkeit anders zu sein. Die heilige Schrift der Bibel übersetzten sie aus dem Lateinischen in die Sprache des Volkes, damals okzitanisch. Sie selbst nannten sich die Reinen oder guten Menschen, die Kirche nannte sie Katharer oder auch Albigenser. Die Art der Katharer kam bei den Menschen gut an und ihre Gefolgschaft wuchs.
Die meisten Markgrafen Okzitaniens ließen die Katharer gewähren und boten ihnen Schutz, so auch der damalige Vizegraf Raimund Roger Trencavel von Carcassonne, der selbst bekennender Katholik war, aber sehr beeindruckt von der Bescheidenheit der Katharer. Er ließ sie ihre Lehre verbreiten und so wurde Carcassonne zu einem der wichtigsten Zentren dieser christlichen Bewegung.
Papst Innozenz III. war über diese ketzerischen Taten entrüstet. In dieser finsteren Zeit verfolgte die Katholische Kirche jeden, der sich gegen ihre Autorität auflehnte, der Kirche drohte Machtverlust und sie rief im Jahre 1209 zum Kreuzzug gegen die Katharer auf. Der einzige Kreuzzug auf europäischem Boden und der einzige Kreuzzug von Christen gegen Christen.
Der Albigenserkreuzzug wurde mit großer Härte und Grausamkeit geführt. Als erstes wurde die Stadt Béziers eingenommen. Die Kreuzritter fragten den päpstlichen Gesandten, Abt Arnaud Amaury, wie sie denn die Ketzer von den normalen Bewohnern unterscheiden sollen. Seine Antwort: „Tötet sie! Gott kennt die seinen schon“. In Béziers starben somit Katharer, wie Katholiken. Die gesamte Bevölkerung, etwa 20.000 Menschen (Männer, Frauen und Kinder) wurden umgebracht und die Stadt niedergebrannt.
Das nächste Ziel des Heers war Carcassonne. Die Nachricht von dem Blutbad in Béziers ging schnell um und verbreitete unter der Bevölkerung Panik und Angst und sie suchte Schutz auf der mittelalterlichen Burg. Nach einer zweiwöchigen Belagerung der Kreuzritter bot die Stadt die Kapitulation an – Die mächtige Festung hatte eine Schwachstelle – die Hitze des Sommers trockneten die Brunnen aus, das Wasser der Aude war zwar nicht weit weg, aber trotzdem unerreichbar. Durst wurde zum schlimmsten Feind.
Die Bewohner hatten jedoch die zwei Wochen der Belagerung genutzt, um durch unterirdische Gänge im Schutze der Nacht in die naheliegenden Wälder zu fliehen. 500 Einwohner blieben zurück, vor allem Greise, Alte und Kinder. Von diesen durften 100 die Stadt nackt, nur mit ihren Sünden beladen, verlassen, die anderen wurden verbrannt oder gehängt. Der Graf Raimund Roger Trencavel wurde gefangen genommen und verstarb drei Monate später an einer Magenverstimmung, aber wahrscheinlich wurde er vergiftet.
Die Katharer flohen in andere Gegenden und waren bald in alle Winde zerstreut. Das von der Katholischen Kirche verfolgte Ziel, nämlich die Vernichtung der Katharer war mit dem Ende des Kreuzzuges 1229 noch nicht erreicht. Die Katharer wurden weiterhin erbarmungslos verfolgt, die Kirche wollte ihre Form des christlichen Glaubens endgültig auslöschen. Was nicht durch Waffen vernichtet werden konnte, sollte durch Angst besiegt werden. Angst vor der Inquisition, Überwachung, Verhör und Folter, die kurz nach dem Kreuzzug flächendeckend in der Diözese Toulouse zum Einsatz kam. Die Inquisition und weitere militärische Feldzüge vernichteten schließlich die Katharer bis zum Ende des 13. Jahrhunderts.
Schließlich gelangte die Stadt unter die Herrschaft der Könige von Frankreich.
Die Cité wurde durch eine mächtige Außenmauer verstärkt, die gegen Angriffe aus dem südlichen Königreich Aragón schützen und die Stadt uneinnehmbar machen sollte. Auch um das innerhalb der Mauern liegende Château Comtal wurde eine weitere Festungsmauer mit Burggraben und Schießscharten gebaut. Nicht nur zum Schutz vor möglichen Feinden, sondern zum Schutz der neuen Schlossbewohner vor der Bevölkerung Carcassonnes, die immer noch unter Verdacht der Ketzerei standen. Eine kluge Entscheidung, denn 1240 versuchte Raimund Trencavel, Sohn des ermordeten Raimund Roger Trencavel, Carcassonne mit Unterstützung von Aragon zurückzuerobern. Die Bevölkerung der Stadt hielt zu ihm und kämpfte an der Seite des ehemaligen Burggrafen. Der Angriff war erfolglos und um seine rebellischen Untertanen zu bestrafen verbannte König Louis IV. die Bewohner der Cité an den Fuß des Hügels. Dort, am linken Flussufer der Aude, entstand die Unterstadt.
1258 wurde Carcassonne zur Grenzfestung zwischen Frankreich und dem Königreich Aragón.
Während des Hundertjährigen Kriegs eroberten die Engländer 1355 die Unterstadt und brannten sie nieder. 1591 fiel Carcassonne in die Hände der Heiligen Liga, die Heinrich IV. erst 1596 als französischen König anerkannte.
1659 wurde die Grafschaft Rosselló/Roussillon mit anderen Grafschaften in Nordkatalonien vom restlichen Katalonien getrennt und Frankreich zugesprochen. Mit dem Pyrenäenfrieden war Carcassonne nicht mehr Grenzfestung und verlor an Bedeutung. Im 18. Jahrhundert begannen die Türme und Mauern der militärischen Festung zu verfallen. Die Anlage diente in den folgenden Jahrzehnten als Steinbruch – aus den Steinen wurden im Umland Häuser gebaut.
Im 19. Jahrhundert merkten zum Glück einige Bürger, was für ein historischer und architektonischer Schatz da zu verfallen drohte. 1844 erhielt der französische Architekt, Denkmalpfleger und Kunsthistoriker Eugène Emmanuel Viollet-le-Duc den Auftrag zunächst die Basilika Saint-Nazaire zu restaurieren. Der durch seine Restaurierungen mittelalterlicher Bauwerke berühmte Architekt nahm daraufhin eine Bestandsaufnahme des gesamten Zustandes von Mauerring und Burg vor und setzte sich für die gesamte Restaurierung ein. Nach dem Tod des Architekten im Jahre 1879 führte Paul Boeswillwald die Restaurierung bis 1910 zu Ende.
Seither wird Carcassonne von anderen Heerscharen belagert. Heute flanieren hier die Touristen und bestaunen die vortrefflich restaurierten Gemäuer und genießen das bunte Treiben.
So auch an dem Tag unseres Besuches – meine Güte war da viel los.
Zuerst liefen wir einen Teil um die Festungsanlage, die nie ein Feind bezwungen hat. Rund 3 Kilometer doppelte Ringmauer und 52 Wehrtürme, einige mit hübschen blauen Dächern umschließen die historische Altstadt.
Allein aufgrund der Größe dieser Anlage mit 14 Hektar, verschlug es mir schon damals die Sprache, was relativ selten vorkommt. 😜
Die imposanten Festungsmauern umschließen die gesamte Altstadt, die lediglich über zwei Eingangstore zugänglich ist
Blick auf das Château Comtal, die Burg in der Burg
Drei Millionen Besucher drängen sich jedes Jahr durch das Porte Narbonnaise, auch wir gehörten 2022 dazu. Gleich nach dem Eingang im Zwinger, der Bereich zwischen der Außen- und Innenmauer, warten Pferdekutschen auf Gäste, in denen man während einer 20-minütigen Fahrt die Cité entdecken kann.
Der Zwinger ist heute noch frei zugänglich und erlaubt interessante Einblicke in die Geschichte der Militärarchitektur.
Wir ließen uns von dem Strom der zahlreichen Besucher in die Altstadt mit ihren engen, verwinkelten Gassen ziehen. Tauchten ein in eine mittelalterliche Welt! Wenn da nur nicht die vielen Touristen, Souvenirläden und Restaurants wären. Hier gibt es alles zu kaufen, was es in Tourihotspots zu gibt und noch ein bisschen mehr.