Unsere letzten zwei Tage in Florida brechen an. Eingekauft haben wir alles, die Schwimmsachen sollen möglichst trocken in den Koffer, aber irgendwie wollen wir auch noch mal raus in den Wald.
Der Regen der letzten Tage hat die blühenden Randstreifen an den Landstraßen nochmal richtig in Schwung gebracht, also nochmal die Gelegenheit, den Challenger zu bewegen und Blumen zu gucken. Auf nach Live Oak.
Live Oak ist eine dieser typischen amerikanischen Kleinstädte mit ihren an den Wilden Westen erinnernden Hausfassaden, dem rasterförmigen Straßennetz, das sich um einen zentralen Kirchplatz zieht. Irgendwie erinnert das immer an Zurück in die Zukunft. Warum also Live Oak?
Weil die Menschen um Live Oak offenbar einen Sinn fürs Schöne haben. Nicht nur gelten die Blumenwiesen hier entlang der 90 zwischen Lake City und Live Oak als die schönsten, auch die anliegenden Farmer lieben es, ihre alten Traktoren als Deko in die Wiesen zu stellen.
Und auch sonst gibt es hier in der Gegend, versteckt am Suwannee, noch einen Ort, an dem die Kreativen der Gegend sich gern austoben, das ist die Hillman Bridge oder Bridge to Nowhere, wie die Einheimischen hier sagen.
Einige Meilen nördlich von Live Oak abseits des Highway geht es über zunächst noch asphaltierte und zuletzt nur noch sandbedeckte Straßen bis direkt an den Fluß. Die Brücke ist seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr in Benutzung und führt seither ins Nirgendwo.
Der Ehemann ist inzwischen Kummer gewöhnt und nimmt die sandige Straße mit Fassung.
Das Ziel ist es auch wert, denn die Brücke ist ein wahres Graffiti-Gesamtkunstwerk.
Direkt unter der Brücke verläuft der Florida Trail und wir sehen auch einige Wandergruppen und ein paar Kajakfahrer, aber eine Weile sind wir allein und haben Zeit, uns mit Fotoapparat und Videokamera in Ruhe auszubreiten.
Später kommt eine Gruppe Freunde, die Campingurlaub im nahegelegenen Ellaville machen sich freuen, daß der Ehemann ein Gruppenfoto von ihnen macht. Das bringt uns ins Gespräch und natürlich stellen sie die gleichen Fragen wie die meisten Leute hier, wenn sie hören, woher wir kommen. Was uns hier in diese Gegend verschlägt, warum wir an den Suwannee kommen, und nicht in Orlando oder an Flüssen wie dem Crystal oder Rainbow River sind.
Es ist halt so, der dunkle Fluß mit seinen waldreichen Ufern, den kleinen geschichtsträchtigen Orten mit ihren Holzhäusern, das ist einfach magisch.
Zwischen High Springs, dem kleinen Ort, den wir so mögen, und hier liegen überall entlang des Flusses Stätten, die an den frühen Bädertourismus in Florida erinnern, lange vor Disney und anderen Parks. Eine davon kann man von der Brücke aus bereits sehen, das ist Suwannee Springs.
Suwannee Springs ist wohl noch älter als White Springs, der Bäderbetrieb hier hatte im späten 19. Jahrhundert unglaubliche Ausmaße und sogar eine eigene Eisenbahnstation, Suwannee Station.
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Davon sind nur wenige Ruinen übrig, die man über den Wanderweg unterhalb der Brücke in ein paar Minuten erreichen kann.
Die Quelle ist eine Sulfurquelle, der man, wie den anderen Quellen hier am Fluß auch, Heilkräfte zuschreibt. Das Wasser ist klar, hat aber eine grünliche Färbung.
Zu den sandigen Ufern des Suwannee führen Treppe hinunter oder Trampelpfade hinaus auf die Sandbänke. Hier sitzen überall Angler. Alligatoren sehen wir keine.
Wir haben Leute hier baden sehen. Ich weiß nicht, ob ich es mich trauen würde, einfach so in den Fluß zu springen.
Wir gehen zurück zum Auto und genießen noch ein bißchen die Sonne auf der Brücke und den Blick auf den Fluß. Es kommt mir vor, als sei es erst ganz kurze Zeit her, daß wir am ersten Tag in Lake City nach White Springs fuhren und dabei den Suwannee überquerten. Wir hatten wieder eine schöne Zeit hier mit so vielen Eindrücken und Erlebnissen. Es scheint unendlich viele Orte zu geben, die man hier noch entdecken kann. Manche eben auch mehrmals.
Zurück über den Highway 90 nach Lake City.
Die Sonne scheint jetzt auch aus der richtigen Richtung und schon auf dem Hinweg haben wir uns die Stellen ausgeguckt, an denen die Blumen besonders schön blühen und die alten Trecker besonders malerisch in der Wiese stehen.
Außer uns sind noch mehrere Leute hier unterwegs, manche fotografieren, manche stehen einfach nur so auf der Wiese und genießen den Anblick. Die 90 ist hier in der Gegend bekannt für die besonders schönen Blumenwiesen.
Wir bummeln gemütlich zurück ins Motel, setzen uns in den Pavillon und werfen ein letztes Mal den Grill an.
Die Koffer sind gepackt und alle Hobby Lobby und Dollarläden-Käufe haben hineingepaßt, uff. Der Ehemann läßt dem Challenger die letzte Abschiedswäsche zukommen. Suwannee-Sand abspülen.
So klingt der letzte Tag aus.
Abschied vom Suwannee haben wir ja schon genommen. Jetzt heißt es, sich vom Motel-Personal zu verabschieden. Aber der schwerste Abschied steht uns erst noch bevor.