Canada 2017 - Prärie und Rockies / Tag 5
Das Kind ist tatsächlich krank. Trotz Halswickel gestern Abend geht es nicht wirklich besser. Es ist fast 10 Uhr, bis sich der Sohn einigermaßen berappelt hat. Dann sagt er: "Papa, lass uns irgendwohin fahren. Ich mache es mir im Auto gemütlich und das ist besser, als im Hotel rumzuliegen." Also schaue ich auf der Karte, was hier in der Gegend noch von Interesse sein könnte. Eigentlich nichts, jedenfalls nichts, was wir nicht schon gesehen hätten. Also schlage ich vor, an den Lake Manitoba zu fahren. Das ist nicht so weit weg, nur 165 km. Und dann können wir uns mal einen See ansehen, der eigentlich schon fast so groß wie ein Meer ist. Mein Sohn willigt ein. Im Shopper Drug Store holen wir noch schnell Tabletten gegen Erkältung, so ein Kombipräparat, dann geht es los. Das Wetter ist strahlend schön.
Ich schaffe es, meinen Rekord im "Geradeaus-Fahren ohne Lenkradbewegung" zu knacken: nach 54 km muss ich das erste mal eine leichte Links- und Rechtskurve nehmen. Sieht man davon ab, bin ich fast 80 km nur geradeaus gefahren. Wir passieren Portage la Prairie, welches heute wesentlich freundlicher als am Montag bei Regen aussieht:
Dann nähern wir uns Delta Beach. Den Ort habe ich rein willkürlich gewählt, weil er mir auf der Karte in`s Auge stach. Nicht, dass ich dort irgendetwas erwartet hätte. So sind wir überrascht, dass einige Unentwegte dort offensichtlich ihre Häuser gebaut haben; ob sie das ganze Jahr über da verbringen, kann ich allerdings nicht beurteilen. Es ist schon "sehr weit ab vom Schuss". Alles ringsum ist von feuchtem Marschland umgeben. Eine Sturmflut kann hier das ganze Land schon mal unter Wasser setzen, so wie 2011 geschehen.
Wir halten an einem "Public Beach", wo man sieht, dass jemand mal versucht hat (oder noch versucht?) einen RV Park anzulegen. Deutlich sind die Slots für die RV´s zu sehen, Kabel ragen aus der Erde. Zum Strand sind es nur ein paar Meter.
Der Strand ist mit Treibholz übersät. Was hier einfach unvorstellbar ist, ist die Tatsache, dass das gegenüberliegende Ufer mal eben 100 km entfernt ist. Trotz der Größe des Sees plätschern die Wellen klein und leise an den Strand. Hier ist völlige Stille. Und die Welt im wahrsten Sinne des Wortes zu Ende.
Der Sohn hat unterwegs eine halbe Stunde geschlafen. Es geht ihm zwar nicht viel besser, aber er möchte gerne noch weiter fahren. Ob wir es wagen können, zum ca. 180 km entfernten Riding Mountain National Park zu fahren? Wir können. Dann also los. Die Tankuhr zeigt nicht mehr viel an, da müssen wir unterwegs noch nachfüllen. Wichtig ist uns, dass wir bloß aus dieser Einöde herauskommen. Wäre ja noch schöner, wegen Spritmangel liegen zu bleiben.
Das Navi führt uns quer durch das Marschland. Und wieder kommen wir zu dem Vergnügen, eine als Highway ausgeschilderte Gravel Road zu fahren. Wenn einem dann einer der riesigen Trucks entgegen kommt, sieht das so aus:
Höflich macht er Platz, damit wir keinen Steinschlag abbekommen.
Die Räder fressen die Kilometer und wir fahren den Yellowhead Highway bis zum Ort Neepawa, fahren weiter auf dem Highway 5 nach Norden, um dann nach links dem stetig ansteigenden Highway 357 zu folgen. Und siehe da: Manitoba kann auch ganz anders, als nur flach zu sein.
Unterwegs begegnen wir noch diesem Gesellen hier:
Auto über den Teich transportieren und dann ein Jahr lang durch Kanada. Nach dem Auswandern die zweitschönste Art, Kanada kennenzulernen.
Wir durchqueren nun ein Gebiet, welches immer lieblicher wird. Sanfte Hügelketten wechseln sich mit Baumgruppen und malerisch eingebetteten Seen ab. Dazwischen immer wieder liebevoll hergerichtete Höfe. Plötzlich meint man, gar nicht mehr in Manitoba zu sein.
Schließlich erreichen wir den Ort Wasagami, der als Ausgangspunkt für allerlei Aktivitäten im Riding Mountain National Park gilt. Es ist mittlerweile herrlichstes Frühlingswetter, ca. 18 Grad und der ganze Ort liegt ruhig, fast ausgestorben da. Nur ein paar geschäftige Ranger kutschieren durch die Gegend. Es ist alles wunderbar idyllisch und friedlich.
Der Knaller ist aber der Clear Lake, an dem der Ort liegt und der seinem Namen alle Ehre macht. Selbst auf dem Steg kann man problemlos bis auf den Grund schauen.
Einfach nur traumhaft, diese Weite und Stille.
Bis zum Hals im Wasser
Diese roten Stühle werden von der Nationalparkverwaltung aufgestellt und sind in jedem Park in Kanada zu finden.
Wir verbringen eine wunderbare Zeit am See. Die Sonne scheint auf den Rücken, die Vögel zwitschern und Insekten summen um uns herum. Nichts stört diese Ruhe und das Auge verliert sich in der Schönheit der Natur. Jetzt bekommen wir zum ersten Mal ein Gefühl dafür, welche Naturschönheiten im Verlaufe unserer Reise (hoffentlich) noch auf uns warten. Wir können uns kaum losreißen, aber schließlich haben wir noch über 300 km Rückfahrt vor uns. Nach einem kleinen Imbiss im Auto machen wir uns auf den Rückweg. Dieser führt uns auf anderer Strecke zurück nach Winkler. Ich wollte bewusst eine andere Strecke fahren, um noch mehr zu sehen. Über weite Teile führt sie uns über den Highway 5 nach Süden, der hier als "Parks Road" ausgeschildert ist. Den Namen trägt er zu Recht, denn im Verlauf passieren wir einige weitere Parks, die auch von der Straße her schon schön anzusehen sind.
Wir durchqueren noch den kleinen Ort Baldur, der ein bißchen "Wild West" anmutet....
....ehe uns die Straße (erst 50 km vor Winkler!) wieder in die Tiefebene und flache Prärie entlässt.
Und weil wir uns ja hier im Florida-Forum befinden, kann ich es mir nicht entgehen lassen Euch zu beweisen, dass Miami in Wirklichkeit in Manitoba, Kanada liegt!!!
Ok, es fehlen die Palmen.
Gegen 19 Uhr und damit eine halbe Stunde früher als vom Navi vorausberechnet, erreichen wir nach fast 700 km Tagestour wieder "unsere Heimat". Ja, wirklich. Etwas heimisch fühlt es sich schon an, als wir die breiten Straßen zum Hotel fahren. Vielleicht gehe ich heute Abend noch einmal raus und versuche, Aufnahmen von einem grandiosen Sternhimmel zu machen, denn der Himmel war über Manitoba bis jetzt komplett wolkenlos. Wenn sie etwas werden, stelle ich sie natürlich hier rein.
Ansonsten gibt es jetzt erst einmal 2 Tage Pause mit dem Bericht. Wir fahren morgen zu Verwandten in die Nähe von Steinbach/Manitoba, fliegen am Samstag dann nach Vancouver und fahren von dort noch nach Abbotsford, BC. Von dort geht es dann mit dem zweiten Teil meines Berichtes - den Rockies und vor allem mit dem Okanagan weiter.