So langsam wurde es Zeit und ich machte mich auf den Weg in die Brauerei, in der wir um 14.15 Uhr eine Führung gebucht hatten. Ich setzte mich in die Brasserie und wartete bei Cappuccino und Wasser auf meinen Mann, der kurze Zeit später eintraf.
Eine alte Flaschenabfüllmaschine
In Brügge wird noch mitten in der Altstadt gebraut. Die 1856 gegründete
Brauerei De Halve Maan, die einzig noch bestehende Brauerei innerhalb des alten Stadtkerns, wird mittlerweile in der sechsten Generation als Familienbetrieb geführt. Hier wird das bekannteste Bier aus Brügge, das
Brugse Zot und der
Straffe Hendrik, gebraut. Während einer Besichtigung kann man einen interessanten Blick hinter die Kulissen werfen und vieles über die Geschichte der Brauerei und die Geheimnisse jahrhundertealter Brautradition erfahren.
Wir nahmen an der englischsprachigen XL Tour teil. Der Guide hatte Spaß an seinem Job und stets einen Witz auf den Lippen. Im Heißbereich der Brauerei, indem wir die blitzblanken und leider am Wochenende leeren Braukessel bestaunen konnten, ging es los.
Leider leer
Dann machten wir auf der kurzweiligen Tour einen Ausflug durch das vergangene Jahrhundert. Wir durchliefen ein Labyrinth von Treppen und Gängen, kamen in Räume mit diversen Braugerätschaften, Kisten mit Flaschen, die unter einer dicken Staubschicht begraben waren, Reklameschilder, Gläser, Malzmühlen, Kupfergerätschaften und so weiter und so fort.
Zum Ende der Führung besuchten wir das Dach des Gebäudes, von dem wir einen fantastischen Blick über die Stadt hatten.
Blick zum Beginenhof
Über enge und steile Treppen (daher sollte man gut zu Fuß sein) ging es dann in den Keller bzw. in den Schankraum zur Bierverkostung, auf die die meisten von uns entgegenfieberten. Unsere Gruppe, mit Leuten aus den Niederlanden, Deutschland und Großbritannien, wurde um einen großen Tisch gesetzt und wir bekamen als erstes das Brugse Zot, in ungefilterter Version, ausgeschenkt.
Prost! / Proost, op uw gezondheid! / Cheers! 🍻
Die Stimmung nach dem ersten Bier wurde lockerer und man kam langsam ins Gespräch mit den Tischnachbarn. Fragen wie … Woher man genau herkam? … Wie lange man in Brügge blieb? … Ob man das erste Mal die Stadt besuchte? … wurden gestellt.
Die zweite Runde: Brugse Zot Dubbel
Die Stimmung wurde noch besser und man stellte schon persönlichere Fragen über familiäre Verhältnisse, Reisen, Hobbys …
Die dritte Runde:
Straffe Hendrik Tripel und das Straffe Hendrik Quadrupel
Was hatten wir uns alle lieb und wollten gar nicht mehr auseinander gehen. Aber irgendwann drängelte der Guide, denn die nächste Führung wartete. Ein paar Leute verabredeten sich in der Brasserie oder im Restaurant um mit dem Trinken gleich weiter zu machen.
Ich hatte ehrlich gesagt mehr als genug, 🤪denn das Zeug war schon recht stark und ich musste mich beim Verlassen der Räumlichkeiten bei Männe unterhaken. Ich trinke normalerweise wirklich kein Bier, höchstens einmal ein Radler. Aber hier in Brügge oder in Belgien gehört das einfach dazu und macht auch wirklich Spaß.
In dem kleinen Shop kann man sich mit Merchandising und jeder Menge Bier eindecken. Wir haben hier erst am letzten Tag zugeschlagen, denn ein paar Bier mussten schon mit nach Hause.
Funfact:
Wie schon erwähnt, braut De Halve Maan zwischen Grachten, Chocolatiers und Pommesbuden direkt im mittelalterlichen Stadtkern von Brügge. Jedoch brachte die Steigerung der Produktion in den vergangenen Jahren Probleme mit sich: In der kleinen Brauerei war nicht mehr genügend Platz, um alle Flaschen abzufüllen, weshalb das Unternehmen eine Abfüll-Fabrik etwa drei Kilometer außerhalb des Stadtkerns baute. Danach polterten vier bis fünf Mal täglich die riesigen Tanklaster der Brauerei über das Kopfsteinpflaster durch Brügges enge, verwinkelte und mit Touristen gefüllten Gassen.
Der Brauereibesitzer suchte nach einer praktischen Lösung, denn irgendwann hätte es Ärger wegen des Verkehrs gegeben und er kam auf die Idee eine unterirdische Pipeline von der Brauerei zur Abfüllanlage zu bauen. Mit der Bierleitung könnte er sein Unternehmen im historischen Stadtkern halten.
Der Bürgermeister von Brügge hielt es für einen Witz und war zunächst wenig begeistert, als er das erste Mal von der Idee hörte. Nach einiger Bedenkzeit sah er darin aber eine gute Möglichkeit, das Verkehrsproblem zu lösen. Als die Anwohner das mitbekamen, boten einige zum Teil viel Geld an, um einen privaten Anschluss zu bekommen. Dies brachte die Brauerei auf den Gedanken, einen Großteil der Baukosten via Crowdfunding zu finanzieren. Die Gegenleistung war Bier.
7500 € war der höchste Betrag, der gezahlt werden konnte, dafür bekommt der Investor jeden Tag eine Flasche Bier von Sorten wie "Brugse Zot" oder "Straffe Hendrik". Bis an sein Lebensende. Besonders Findige haben das Angebot auf den jüngsten Volljährigen der Familie abgeschlossen. 😃
Gut vier Jahre dauerten die Planung und der Bau der Bierleitung. Die Rohre aus besonders hartem Plastik sind lebensmittelfreundlich, können gereinigt und keimfrei gemacht werden. Seit September 2016 fließen nun 4000 Liter Bier pro Stunde durch die 3,2 Kilometer und zwischen 2 und 34 Meter tief liegende Bierpipeline zu der Abfüll-Fabrik.
Beim Betreten oder Verlassen der Brauerei tritt man über eine gläserne Schachtabdeckung, die den Blick auf die berühmte unterirdische Bierpipeline freigibt. Coole Sache!