18. August 2020 - Dem Abgrund so nah … ?
Kurz nachdem wir das Ferienhaus in Spanien gebucht hatten, kam Mädel von der Arbeit und erzählte mir, dass ihr eine Arbeitskollegin (diese hatte erst vor kurzem eine Weltreise gemacht und die spannendsten Orte besucht) empfohlen hatte unbedingt den „Caminito del Rey“ zu besuchen. Tatsächlich hatte ich noch nie davon gehört und ging gleich auf Google Suche … und gar keine Frage, da mussten wir unbedingt hin!!!
Als Mädel jedoch die Bilder im Internet sah, meinte sie, dass das wohl nichts für sie wäre! Töchterchen hat nämlich Höhenangst, so blieb sie auch an diesem Tage mit Schatzi im Ferienhaus.
Die Geschichte des Caminito del Rey
Übersetzt heißt Caminito del Rey „Der kleine Königsweg“ oder „Königspfad“.
Der ca. drei Kilometer lange Wanderweg galt einst als einer der gefährlichsten Wege auf der Welt und hängt teilweise auf einer Höhe von ca. 100 Metern an den Steilwänden der Gaitanes Schlucht über dem Fluss Guadalhorce, zwischen den Ortschaften Ardales und El Chorro in der Provinz Málaga.
Der Wanderweg wurde einst erbaut, weil die Gesellschaft des Wasserkraftwerks El Chorro, Eigentümer der Talsperren Gaitanejo und Chorro, Zugänge zu eben diesen beiden Talsperren für den Materialtransport, zur Überwachung und Instandhaltung brauchten.
Der Weg über die Gaitanes Schlucht wurde also zwischen 1901 und 1905 als Transitweg für die Arbeiter und das Personal des Wasserkraftwerks gebaut und erleichterte die Verbindung beider Seiten. Caminito del Rey war zuerst ein einfacher Pfad auf Planken, aber nach und nach wurde der Weg mit Beton und Eisenarmierungen befestigt.
Um dieses großartige Bauwerk einzuweihen, kam 1921 König Alfonso XIII zur Talsperre Conde del Guadalhorce und überquerte den Weg. Daraufhin erhielt er seinen Namen.
Auch für die Bewohner der umliegenden Dörfer war der Königspfad von großer Bedeutung, die Kinder hatten nun einen relativen kurzen Schulweg, die Frauen konnten schneller einkaufen und auch die sozialen Kontakte untereinander konnten so gepflegt werden.
Nachts war der Caminito mit Laternen beleuchtet und wurde somit zu jeder Tageszeit zu Fuß, mit dem Pferd oder sogar mit dem Fahrrad überquert. Der Weg gehörte zum alltäglichen Leben der dort ansässigen Familien.
Der Zerfall
Durch Witterungseinflüsse, Steinbrüche, Erdrutsche und fehlender Instandhaltung verfiel der Weg im Laufe der Zeit. An vielen Stellen fehlten Geländer, der Boden wies große Löcher auf oder war gar nicht mehr vorhanden und nur rostige Stahlträger blieben übrig. Zur Begehung waren absolute Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und Klettersteigkenntnisse notwendig - die Nutzung des Caminito wurde so langsam unmöglich.
Aber genau diese Gefahr und der Reiz haben zu seiner Berühmtheit beigetragen und dazu geführt, dass sich viele Abenteurer nach El Chorro aufgemacht haben um den zerfallenen Klettersteig zu erklimmen. Immer wieder kam es zu Unfällen und leider kamen in den Jahren 1999 und 2000 vier Wanderer ums Leben, woraufhin die Regierung von Andalusien die Zugänge des Weges zerstörten.
Trotzdem war das Betreten über einen älteren Steig weiterhin möglich und der Zustieg der am Caminito befindlichen Kletterroute wurde weiterhin genutzt. Der Steig wurde beinahe durchgängig mit Stahlseilen gesichert und war für geübte Kletterer begehbar.
Im Jahr 2017 wurde der neue und gut ausgebaute Klettersteig Via Ferrata in El Chorro eingeweiht. Der Einstieg befindet sich in der Nähe vom Ausgang des berühmten Caminito del Rey.
Wiederherstellung
Die Arbeiten begannen im Frühjahr 2014 und wurden Anfang 2015 abgeschlossen. Die Eröffnung fand am 28. März 2015 statt. Der neue, und gesicherte Wanderweg verläuft etwa zwei Meter oberhalb des alten Steges und ist gefahrlos nutzbar, von seinem ursprünglichen Charakter ist dadurch nicht mehr viel übrig, aber trotzdem absolut sehenswert.
Was Du vor einem Besuch wissen solltest:
Tickets:
Da der Zugang zum Caminito del Rey auf eine bestimmte Personenzahl begrenzt ist, muss man die Tickets auf der Homepage kaufen … und zwar Wochen vorher!!! Ich habe unsere Tickets fünf Wochen vorher gekauft und hatte Glück – es gab gerade noch 3 Karten an nur einem Tag während unseres ganzen Spanienaufenthaltes und das auch nur noch am Nachmittag. Hier geht es zum Ticketkauf: http://www.caminitodelrey.info/de/#2
Es gibt zwei Ticketoptionen: Das General Ticket für 10 € und das Guided Ticket (mit Führung) für 18 €.
Ihr solltet 30 Minuten vor dem gebuchten Zeitpunkt am Eingang sein und müsst dort zusammen mit den Tickets euren Personalausweis oder Reisepass vorzeigen.
Für Kinder gilt ein Mindestalter von acht Jahren.
Die Benutzung von Stativen und Selfie-Sticks sind verboten. Festes Schuhwerk ist empfohlen.
Länge des Wanderwegs
Da sich der Caminito del Rey inmitten einer komplexen Naturlandschaft, umgeben von schwer zugänglichen Stauseen, Bergen, Schluchten und Täler befindet, muss man den Weg zum Eingang des 2,9 Kilometer langen Königspfads zu Fuß zurücklegen. D. h. der Wanderweg hat eine Gesamtlänge von 7,7 Kilometer (bzw. 6,5 km), ist ein Zielwanderweg (kein Rundwanderweg) und führt nur in eine Richtung von dem kleinen Dorf Ardales ins Dorf El Chorro im Norden. Der Besucher muss seinen Rückweg selbst organisieren. Es gibt aber einen Shuttlebus-Service zwischen El Chorro und Ardales, den man beim Ticketkauf gleich mitbuchen kann.
Den Wanderweg würde ich in fünf Abschnitte einteilen:
1. Dorf Ardales bis zum Eingang/Kontrollhäuschen des Caminito del Rey – 1,5 km oder 2,7 km
2. Gaitanejo Schlucht auf dem Klettersteig - 0,9 km
3. Durch das Valle de Hoyo (Grubental) – ein Waldweg 1,4 km
4. Gaitanes Schlucht auf dem Klettersteig bis zur Hängebrücke und Ende des Königspfads - 0,6 km
5. Weg Caminito del Rey zum Kontrollhäuschen (Abgabe der Helme) und dem Dorf El Chorro – 2,1 km
So, jetzt habt ihr so viel lesen müssen und ich hoffe ihr habt Lust bekommen, uns über den einst so gefährlichen Weg zu begleiten. Ihr dürft jedoch keine Höhenangst haben und solltet schwindelfrei sein.
An diesem Tag war es heiß – sehr heiß! ?☀
Als wir am Vortag in der Alhambra unterwegs waren, hatte ich eine SMS von der Verwaltung des Caminito del Rey erhalten, dass unser reservierter Termin um 15.15 Uhr wegen der zu erwartenden hohen Temperaturen auf den letzten Besuchstermin um 18.45 Uhr verschoben wurde. Meine Begeisterung darüber hielt sich in Grenzen, denn ich machte mir Gedanken über die Lichtverhältnisse wegen des Fotografierens, aber es nützte ja nichts.
Da unsere Zugangszeit auf den letzten Einlass verschoben wurde, erschien es mir sicherer unser Auto in El Chorro, am Ende des Wanderwegs, zu parken und mit dem Shuttlebus in Richtung Ardales, zum Einstieg des Caminto del Rey, zu fahren.
Um 17 Uhr saßen wir also im Shuttlebus zu unserem Ziel und waren sehr gespannt. Die Temperaturanzeige im Bus zeigte wirklich 48 Grad Celcius an. Habe extra ein Bild gemacht, aber das ist leider nicht schön und etwas unscharf. In El Chorro stiegen wir 25 Minuten später aus und dank der tollen Tipps im www fanden wir den Zugangsweg zum Königspfad ohne Probleme.
Aufgrund der Hitze haben wir uns für den kürzeren Weg (1,5 km) zum Eingang der Schlucht entschieden. Wir hatten aber keine Temperatur von 48 Grad, unser Auto hatte bei der Anfahrt 38 Grad angezeigt, aber auch das war noch heiß genug.
Der Zugangsweg führte uns ein Stück am Stausee Embalse de Gaitanejo mit seinem türkisblauen Wasser (seufz) vorbei ...
…bis wir den kleinen, ca. 150 Meter langen und erst seit kurzem beleuchteten Tunnel erreichten. Mit Taschenlampe wäre das sicherlich auch sehr lustig gewesen, ohne noch viel mehr.
Wir folgten dem Weg durch wunderschöne Landschaft bergab zur Gaitanejo Talsperre, wo sich das Kontrollhäuschen und der Eingang befindet.
Am Kontrollhäuschen angekommen besuchte ich noch schnell die Toilette (danach gibt es nämlich keine Möglichkeit mehr). Wir zeigten unsere Tickets und Pässe und durften dann tatsächlich schon um 18 Uhr mit der nächsten Besuchergruppe auf den Pfad. Bevor es losging, bekamen wir aber noch eine Sicherheitseinweisung und ein schicken Schutzhelm mit Haarnetz.
Der Eingang zur ersten Schlucht, der Gaitanejo Schlucht
Der Klettersteig kam in Sicht
Ok. – jetzt, kurz vor dem Betreten des Caminito del Rey bekam ich doch ein wenig schwammige Knie und etwas Puls. Ich habe mit Höhe wirklich keine Probleme, solange ich auf sicherem und stabilem Boden stehe. Sobald etwas stark schwankt, wackelt oder die Konstruktion um mich herum recht offen ist, wird mir doch etwas mulmig. D. h. ich kann Äpfel und Kirschen bis zur Mitte der Leiter von den Bäumen herunterholen, dann wird mir das Ganze zu wackelig. Auf Baugerüste stehen kann ich bis zum ersten Stock, dann ist Schluss. Über Gitterroste und offene Treppen laufe ich auch nicht so gerne.
Ja, aber sonst bin ich eigentlich ganz normal
Tief durchgeatmet, A…ähm …Pobacken zusammengekniffen und unser kleines Abenteuer konnte beginnen.
... geht gleich weiter ...