Road und Hiking Trip - 85 Tage USA [2012]

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Sonntag
Wir verlassen St. Louis über die Eads Bridge wieder nach Illinois, wo unsere Steinbögen heute zu finden sind. Einsam und verlassen, jenseits von Autobahnen tuckern wir durch den Bundesstaat und genießen eine gesunde Portion Landleben. Als wir bei Pinckneyville auf die 127 einbiegen ist der Gottesdienst vorbei und die Landwirtinnen und Landwirte kehren zurück ins Leben. Wir trauen unseren Augen nicht, als ein sehr betagter Herr von der Kirche auf die Straße einbiegen will. Vor uns wäre endlos viel Platz und in der verbleibenden Zeit wäre ich 10 Mal auf die Straße gefahren. Das eigentliche Mysterium ist aber, dass der alte Mann mit einem Fernglas die Straße beoachtet. Autofahren mit Fernglas haben wir auch noch nicht gesehen und ich möchte nicht wissen, wie gut der Mensch überhaupt noch sieht. Aber hier am Land ist das Leben vorbei, wenn man nicht mehr mit dem Auto fahren kann.

Wir folgen der braunen Beschilderung zur Ponoma Natural Bridge, die letzten zwei Meilen sind ungeteert, aber wunderbar gepflegt. Der Fußweg führt uns hinunter in ein kleines Tal und bald stehen wir auf der großen Brücke. Wege führen weiter nach unten, so dass der Steinbogen von allen Seiten und Perspekiven Eingang in die Annalen findet. Es ist eine schöne und große Brücke, braun und gelblicher Fels und tiefgrünes Moos. Eine viertel Stunde Fußweg, leichter kann man sein Ziel nicht erreichen.

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Zurück auf die 127 und durch schöne Obstplantagen und weinbebaute Hügel über den Alto Pass. Hier sieht es wieder einmal wie in der Toskana aus. Quer durch das Land erreichen wir die Pine Hill Recreation Area. Ein Bahnübergang, der möglicherweise Auslöser des sich abzeichnenden Dramas sein könnte, führt uns auf eine Dirt Road. Die ist ziemlich unspektakulär, führt brettleben dahin und nur ab und zu liegen ein paar überfahrbare Äste im Weg. Die Luft bleibt uns weg, als der Bordcomputer meldet, dass hinten links dem Reifen der Sauerstoff ausgeht. So ein Mist und natürlich mitten in der Prärie. Das Preachers Eye finden wir auch nicht sofort und als wir dort sind, überfallen uns Millionen von Mücken. Man sollte kurz, aber ziemlich steil hoch zum Arch gehen, aber das ist unter den Umständen nicht angeraten. Jetzt hoffen wir mal, dass unser Auto unbeschadet den Teer erreicht und dann beobachten wir, wie sich der Luftverlust verhält.

Langsam, aber leider stetig geht es mit dem Reifen bergab. Wir brauchen jetzt schnell eine Reifenwerkstatt oder eine Tanke, mit neuem O2. Die Zivilisation lässt auf sich warten und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis wir eine Tankstelle fanden. Luft nachfüllen und mal eruieren, was überhaupt der Auslöser ist. Wie könnte es anders sein, ein wunderschöner Nagel ziert den Pneu. Ich drücke ihn weiter rein, damit das Loch vielleicht dicht wird. Aber weit gefehlt. Im nächsten Dorf sind zwei Reifenservices, die haben aber heute am Sonntag zu. Hilft nichts, wir müssen vorerst alle Ziele des Tages streichen und Paducah erreichen. Dort ist am lokalen Airport sogar eine Hertz Vertretung.

Über die Interstate 24 gelangen wir am Ohio River nach Kentucky und eine weitere 10 Meilen Landfahrt bringt uns zum Flughafen. Die gute Frau bei Hertz kann uns nicht helfen, bietet uns an, dass wir für über 5.000 Dollar einen neuen SUV anmieten können. Mechaniker gibt es keinen und tauschen kann sie auch nicht, da es sich hier nur um eine Station handelt, die nur lokal vermietet. Aber wir sollen mal auf den Chef warten. Der kommt dann auch 20 Minuten später. Gleiches Bild, aber ein guter Rat. Der Walmart in Paducah hat einen Reifenservice und der hat auch heute am Sonntag auf. Also zurück, der Reifen geht in die Breite, da ihm mangels Luft die Höhe fehlt. Mit letzter Kraft erreichen wir den Walmart und kommen auch gleich dran. Nach 30 Minuten war alles erledigt und es hat - festhalten - nur 10 Dollar mit wuchten gekostet. Was werden die armen Mechaniker wohl für ihre Sonntagsarbeit bekommen. Ich fürchte, dass sie in Deutschland mit Hartz IV besser wegkommen würden. Na ja, vielleicht ist der Reifenservice ja quersubventioniert.

Es ist zwar schon später Nachmittag, aber wir beschließen, den Cedar Wonders Arch zu suchen, auf den wir uns lange ziemlich gefreut haben. Also zurück, es hat mittlerweile 107 Grad. Es wird immer dunkler und ohne Sonne fällt das Thermometer auf 89 Grad. Am Ende einer Dirtroad, direkt neben einem größeren Anwesen, stellen wir unser Auto ab. Türe auf und mal peilen, ob Hundegebell an mein Ohr dringt. Unheimliche Situation, weit ab von jeglicher Zivilisation, vermutlich auf einem Privatgrundstück. Wenn der Besitzer auf uns zielt, hat er hoffentlich ein besseres Augenlicht als der Kirchgänger heute früh und braucht kein Fernrohr, um zu erkennen, dass wir harmlose Touristen und Wanderer sind.

Als wir über eine alte Dirtroad in den Wald wandern, der Trail ist mit einem blauen "i" gekennzeichnet, kommt zu der inzwischen sehr eigenartigen Stimmung, eine kleine Überraschung, die in das Bild passt. Zwei Grabsteine stehen mitten im Wald. Zunehmende Dunkelheit und absolute Stille wird vereinzelt durch Donnergrollen eines herannahenden Gewitters unterbrochen. Wir werden schneller, der unheimlichen Gesamtsituation entkommen wir jedoch nicht. Nach Überquerung eines trockenen Flußbettes geht es an einer Feuerstelle vorbei nach oben. Hie und da raschelt ein Tier und bekommt unsere ganze Aufmerksamkeit. Aber es ist nicht mehr weit und nach knapp 1,2 Meilen stehen wir vor dem kleinen Steinbogen, dem Cedar Wonders Arch. Er ist etwas sehr aussergewöhliches, eine ehemalige Kultstätte und alles passt nun zusammen. Man darf es ja fast nicht sagen, aber irgendwie waren wir erleichtert, als wir ohne Probleme wieder am Auto gelandet sind und der Chevy unversehrt auf uns wartete.

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Das Hampton Inn in Paducah ist ok und das Abendessen im gegenüber liegenden Friday's war gut. Der amerikanische Holzbock hat wieder zugeschlagen. Erst abends entdecken wir zwei Exemplare an meiner Hikerhose. Die Körperinspektion war aber erfolglos.

... Fortsetzung folgt!
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Montag
Das Hotel in Paducah liegt in einem typisch amerikanischen Ortsteil. Breit, weit, Tankstellen, Fast- und weniger fast Food und eben Hotels. Häßlich halt. Aber diese Stadt hat auch einen historischen Distrikt am Ohio River. Als wir dort ankommen genießen wir die leeren Straßen, die tollen Häuserfassaden und als uns der Stadt-, respektive Dorfspaziergang hinunter zum Wasser führt, staunen wir über die Gemälde an der Eingangsmauer zum Hafen. Ja, das war ganz nett, um den Tag zu beginnen.

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Das südöstliche Amerika ist fruchtbar, aber die weißen Siedler hatten jedoch wie so oft das Problem, dass das Land von den Indianern besetzt war. Deportation nach Oklahoma, das war die Antwort der Bleichgesichter. Und dass es auf diesen Trecks nicht sehr harmonisch zuging, ist klar. Und so wurde die Deportationsroute zum "Trail of Tears". Eine Station war der Mantle Rock. Durch das Ohio Valley kommen wir am Parkplatz und Trailhead an und wandern auf dem Weg der Tränen zum Arch, der eine der Übernachtungsstationen war. Es ist nur knapp eine halbe Meile bis zu dem gewaltigen Steinbogen, der wie eine Höhle wirkt. Der längste Arch östlich des Mississippi ist wirklich gigantisch, findet aber wie so viele Steinbögen im Osten kaum Beachtung und schon gar keinen Respekt der Bevölkerung. Ausdruck dieses Missstands sind vollgeschmierte Wände. Dreckbären, das müsste nicht sein.

Ein beschaulicher Ort, dieses Apex. Wir sind dreimal durchgefahren, da sich die Suche nach einem Zugang zum nächsten Trail sehr schwierig gestaltete. Die Dirtroad, die ich daheim auf der TopoMap ausgemacht hatte, endet mitten in einem Feld. Wenn es aber um Arches geht, sind wir gnadenlos und der Bauer hat sicherlich die ein oder andere Einbuße bei der Ernte. Egal, wir waren falsch, denn es gab keinen Zugang in den Canyon, obwohl der Arch nicht weit entfernt ist. Also zurück und die Straßenseite abgesucht, wo die richtige Richtung eingeschlagen wurde. Alles vergebens, zurück zum Dorfkern. Ganz ruhig und nochmal die Beschreibung lesen. Das war gut, denn wirklich mitten im Ort geht die alte Dirtroad weg, die dann als Trail in den Canyon führt. Der Apex Arch, den wir nach kurzer Wanderung erreichen, ist ein toller Steinbogen. Aber was die hier mit einer Naturschönheit anstellen, ist eine Schande. Total vollgeschmiert und unter dem Felsentor eine Müllkippe. Das Tagebuch kommt zu der Erkenntnis: Mit einer Zahnbürste sollten sie die Schweinereien entfernen müssen, das wäre unser Vorschlag.

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Über die Interstate 24 erreichen wir Tennessee und das Thermometer fällt von 104 auf 73 Grad. Auslöser war ein kleines Gewitter, dessen Regen nicht auf der Erde ankam. Eine tolle Stimmung begleitet uns und als wir über den Cumberland River Nashville erreichen, regnet es nur ganz leicht. Ein angenehmens Gefühl, aber leider kommen wir nicht lange in diesen Genuss. Als wir das Auto am Sheraton Hotel verlassen, bricht der Schweiß schon wieder aus und erst im klimatisierten Zimmer im 19. Stock erholt sich der Körper.

Das Bier an der Hotelbar schmeckt wunderbar und das Essen war so mittelprächtig. Eine Verdauungsrunde um das Hotel bei angenehmen Temperaturen, selbst mit langer Hose, bringt uns den ersten Eindruck der Musikstadt nahe.

Dienstag
Wir marschieren zum Capitol, das nicht nur anders aussieht wie die anderen, sondern häßlich ist. Eine kleine Bergabwanderung bringt uns zu den Markthallen am Bicentennial Park. Obst, Gemüse und ein paar andere Dinge bringen Farbe ins Spiel. Der Park selbst, errichtet 1996 zum 200-jährigen Bestehen von Tennesse, ist großzügig angelegt und beherbergt viele geschichtliche Monumente des Sezessionskrieges.

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Genug Geschichte, die 2nd Street und die 5th Avenue führen uns ins Kneipenviertel am Broadway. Typische Szenerie, im Mittelpunkt Musik und Kneipen, die bei Tageslicht betrachtet eher als Spelunken durchgehen. Einen schönen Blick auf die Skyline, den Ohioriver und das LP Field, einem Football Stadion, bringt uns der Weg an der Riverfront hinauf zur Shelby Street Bridge. Die Aufbauarbeiten für den 4. Juli sind in vollem Gange. Wir laufen den Broadway bis zum schönen Union Station Hotel. Wie ein Schloß, sehr gediegen sieht es aus. Unser Stadtspaziergang endet bei sengender Hitze wieder im Auto. Opry Mills, eine selbst für amerikanische Verhältnisse große Mall ist unser nächstes Ziel. Wir werden fündig und nur ich denke jetzt an die Heimreise und an das Übergepäck.

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Die Stadt hat uns nicht so gut gefallen, sie ist nicht sauber und rund um den Broadway ist alles nur Touristennepp. Der Abend jedoch war dann wunderbar. Zuerst ein Bier bei toller Livemusik, dann ein intergalaktisches Essen im 2. Stock im Merchants am Broadway. Der 2. Stock muss betont werden, denn im Erdgeschoss ist es eine Burgerbude und oben wirklich ein feines Restaurant. Zum Abschluß nochmal Livemusik, die echt super war, und so nimmt es mit Nashville doch ein versöhnliches Ende.

... Fortsetzung folgt!
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Mittwoch
Wir sind um 8 Uhr startklar und donnern die I-40 nach Osten. Ein paar Umwege waren nötig, denn ein Lauf zum Independence Day erforderte ein paar gesperrte Straßen. Mitten in Tennessee wird es gebirgig, ansonsten nur Wald, der uns nun vermutlich bis zum bitteren Ende begleiten wird. Nach knapp 3 Stunden sind wir am Sawmill Trailhead.

Die Viecher nerven, anstatt dass sie wie wir froh wären, der brütenden Hitze von Tennessee hier beschützt von Bäumen auszukommen. Unsere Wandererung führt über eine Meile in den Wald. Dann geht es hinunter in den Mill Creek, an dessen Kante der erste Steinbogen sein Quartier aufgeschlagen hat. Der Needle Arch überspannt einen kleinen Einschnitt und läßt sich auch von den rund herum bedrohlich eng wachsenden Bäumen nicht aus der Ruhe bringen. Obwohl der breite und ausgetretene Weg viele Wanderer annehmen läßt, sind wir alleine mit der Natur, die hier auch von den Hikern respektiert wird. Weder Müll, noch Schmierereien verunstalten das schöne Felsentor.

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Wir gehen weiter die Ridge entlang, vorbei an farbigen Felsmustern und kommen zum Slave Cave Arch. Ein erstaunlicher Überhang, mit einer Öffnung nach oben, die von grün und rosa schimmerden Felsen eingerahmt ist. Auf der Seite der kleinen Höhle hat das Wasser Löcher geformt, die wie ein Augenpaar darauf achten, dass die Natur intakt bleibt. Der Rundweg führt uns weiter in den schönen Canyon hinab und es dauert weitere 30 Minuten, bis wir die Slave Falls erreichen. Die haben im Frühjahr sicherlich schon bessere Zeiten gesehen. Jetzt, im Hochsommer, tröpfelt ein kleines, kaum sichtbares Rinnsal in die Schlucht. Es geht wieder hinauf und nach knapp zwei Stunden und 3,63 Meilen sind wir wieder am Auto.

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Auf der Divided Road, die zwar ungeteert, aber trotzdem eine Autobahn ist, stoppen wir am Twin Arches Trailhead. Hier ist schon mehr los und immer wieder treffen wir auf Wanderer. Von Norden führt der gut ausgeschilderte Rundweg erneut in den Mill Creek hinunter. Treppen erleichtern den Abstieg. Japaner, Koreaner oder was auch immer: Mit strahlenden Gesichtern quält sich ein Ehepaar bergauf uns entgegen. Aber was ist das? Natürlich hat die Mittagshitze inzwischen das Land erreicht, aber einen Wanderer, der einen batteriebetriebenen Ventilator vor sein Gesicht hält, war noch nie da. Unsere asiatischen Kameraden lieben die Technik und bieten uns profanen Hikern nette Beobachtungen und Geschichten.

Ein Riesenteil, unglaublich! Der nördliche Arch der Zwillinge ist gewaltig. Wegen der Bäume sind die Perspektiven sehr begrenzt, aber dieses Felsentor überspannt den hier sandigen Waldboden fast wie ein Zeltdach. Zauberer müsste man sein, um die Bäume zu pulverisieren, dann würde der Steinbogen wie die gewaltigen Dinger in Utah wirken. Der Twin Arch South schwächelt ein wenig, ist zwar ebenfalls stattlich, aber etwas kleiner als der Nordarch. Zwei so tolle Exemplare mitten im Wald von Tennessee, sehr schön! Wir fahren auf der Divided Road zurück in die Zivilisation. Vorher jedoch müsste es links ein paar sehr schöne Arche, die Hanging Rocks, geben. Es sieht jedoch danach aus, als ob es eine Querfeldeinwanderung würde. Wir finden auf alle Fälle keinen Trail und nachdem weitere Highlights warten, beschließen wir, dieses Ziel auszulassen.

Der geteerte Pickett Park Highway bringt uns zum Visitor Center des gleichnamigen State Parks. Rund um den See, der durch eine Staustufe des Pickett Creeks entstanden ist, stehen wunderschöne Cabins und als bei der Hütte Nummer 6 das GPS sagt, dass nun hier unsere kleine Wanderung beginnt, parken wir an der Straße. Der Nature Trail führt uns hinunter zum Creek, den die Pickett Natural Bridge überspannt. Boote fahren auf dem Wasser und man könnte durch das Felsentor paddeln. Das Foto von der Brücke, das wir dabei haben, zeigt aber eine andere, viel schönere Stelle, von der man durch die Brücke auf das Wasser schauen kann. Wir wissen zwar nicht wo und wie, aber da müssen wir hin. Also kraxeln wir mal auf die Brücke und suchen einen anderen Abstieg. Der ist relativ schnell gefunden, hat aber ein kleines Problemchen. Der Absatz ist rund 1,50 Meter hoch. Runter klettern geht immer, gegebenenfalls mit Schmerzen. Aber kommen wir von dort unten auch wieder hoch oder müssen wir den Daumen in den Wind halten, um von einem Touristenkanu ans rettende Ufer gebracht zu werden? Bleib Du oben, ich versuche es mal. Also auf den Hosenboden gesetzt, ein erfahrener Bergsteiger würde nur mit dem Kopf schütteln, und mehr rutschend als steigend erreiche ich wieder flaches Terrain. Ja, das ist die Stelle. Monika steht oben und jetzt lacht sie auch noch. Von unten begutachtet, festigt sich die Erkenntnis, dass es irgendwie auch wieder rauf geht. Auf geht's liebe Monika. Und jetzt kann ich auch etwas schmunzeln, denn sie kommt kaum eleganter als ich unten an.

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Das ist schon ein besonderes Exemplar, denn es ist eher selten, dass eine Naturbrücke voll im Wasser steht. Im Hintergrund spitzen ein paar Leute im Boot durch das Tor. Hey, ich will fotografieren und so schön seid ihr auch wieder nicht. Ich glaube ich kann ohne Worte einen gewissen Gesichtsausdruck erzeugen, das den Freizeitkapitänen ein schlechtes Gewissen suggeriert. Sie haben auf alle Fälle die Paddelrichtung sofort geändert und sind aus dem Blickfeld verschwunden. Brav!

"Schnucki, ach Schnucki, fahr ma nach Kentucky! In der Bar Ould Schetterhend, da spuit a Indianerbend! Dann in die Pampas auf a Flaschen Schampas. Um halber achte geht der Zug! Ich hab gesprochen! Hough!" Als wir den Bundesstaat über die Highway 154 erreichen, müssen wir die Uhren um eine Stunde vor stellen, es ist Eastern Time Zone. In der Big Southfork National River Recreation Area biegen wir von der Hauptstraße rechts ab in die besungene Pampa. Leider ist die Dirtroad nach 50 Meter nicht nur gesperrt, sondern ziemlich zugewachsen. Der Buffalo Arch muss ohne uns auskommen, denn es reicht für heute. Und es macht nichts, denn wir haben so viele tolle Arche gesehen, wir sind zufrieden!

Somerset, KY, welcomes us und das Best Western auch. Alles wunderbar und in der Nähe leuchtet inzwischen die Reklame des Ruby Tuesday. Da würde mir schon wieder ein Lied einfallen (She would never say where she came from), aber die Beschwingtheit endet an der Bar des Restaurants. Auf einen Tisch hätten wir warten müssen, es ist der 4. Juli wohlgemerkt. Die Bar sieht eher aus wie ein Materiallager aus alten Ikea-Regalen, aber in den Regalen steht nichts. Dry Somerset, is Seven up ok? Das Essen auch ... paßt schon! Nur vereinzelt begleiten uns explodierende Feuerwerkskörper in die Nacht.

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Donnerstag
Kentucky liegt uns eingepackt zu Füßen. Die grüne Decke wird nur vereinzelt durch Felsen unterbrochen, die sich ihren Weg in die Freiheit gebahnt haben. Ein ganzes Parkplatzsystem erwartet uns, als wir am Trailhead zum Natural Arch of Kentucky stehen. Apropos, - als wir das erste Mal das Auto verlassen, sind wir nicht dort, wo uns das GPS hin haben will. Sind wir doch tatsächlich an einem fast Fußballfeld-großen Slot vorbei gefahren, an dem der kürzeste Hike zum Arch beginnt.

Die ersten Meter sind behindertengerecht und führen zu einem Viewpoint. Nur knapp eine halbe Meile trennt uns von diesem mächtigen Felsentor. Es überragt die endlosen Wälder und sticht mit seinem hellen Felsen durch die grüne Suppe. Ein paar Sträucher und Bäume hat es in eine exponierte Stellung gebracht, noch näher der Sonne entgegen, und einige Pflanzen haben bereits einen Sonnenbrand. Rot leuchten sie auf dem Dach des Steinbogens. Das Licht des Morgens zeigt rote und gelbe Stellen im Fels.

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Es geht auf geteertem Untergrund dem Arch entgegen. Stufen erleichtern den Abstieg in den Creek und nach einer kurzen Wanderung stehen wir unter dem Monstrum. Trotz der touristisch ausgebauten Infrastruktur sind wir alleine. Offensichtlich hat zu dieser Zeit noch niemand das Bedürfnis, die Natur von Kentucky zu erkunden. Der Fotostopp bringt weitere Felsformationen zum Vorschein. An seiner linken Flanke schaut ein kleiner Steinbogen auf uns herab: The Child of the Natural Arch of Kentucky.

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Nach 35 Minuten sind wir wieder am Parkplatz, der immer noch leer ist. Unser Weg führt nach Süden und es ist nur ein Katzensprung bis zum nächsten Trail. Die letzten 1,5 Meilen sind ungeteert, aber auch hier wird erneut der große Vorteil des Ostens sichtbar. Die Offroad-Pisten sind Straßen, die sowohl PKWs, als auch Wohnmobile vertragen. Die Internetfirma Yahoo spielt bei der Namesgebung der nächsten Ziele keine Rolle, auch wenn einem dieses Suchportal, dessen Name eine Abkürzung für "Yet Another Hierarchical Officious Oracle" ist, als erstes in den Sinn kommt. Was soll das jetzt? Ja, jetzt wandern wir zu den Yahoo Falls und zu einem Steinbogen, der Yahoo Arch heißt. Niemand weiß vermutlich, dass der Begriff auch für "rude, unsophisticated, uncouth", rüde, ungekünstelt oder ungehobelt steht. Und das ist es vermutlich, was für die einzigartige Bezeichnung dieser Naturschauspiele steht.

Wir laufen nur 10 Minuten zu den Fällen, die tief unten im Canyon sein sollen. Ob es der Erderwärmung geschuldet ist, oder ob die Sommer in Kentucky jährlich dazu führen, ist uns nicht bekannt. Auf alle Fälle gibt es keine Fälle, denn der geringe Wasserstand des Yahoo Creeks sorgt dafür, dass das Wasser nur tröpfchenweise in die Schlucht pinkelt, um sich anschließend in die South Fork des Cumberland Rivers zu ergießen.

Als wir eine Meile unterwegs sind, beginnt der wahre Aufstieg. In Serpentinen sind einige Höhenmeter zu überwinden. Und als wir dann nach knapp 40 Minuten in einem riesigen Alkoven und vor dem Arch stehen, könnte Yahoo auch ein Schrei der Begeisterung, wie das Yappadappadu der Flintstones, sein. Yahoo! Wie das riesige Raumschiff aus Independence Day überspannt der Yahoo Arch die Erde. Licht im Innern ist Mangelware, obwohl die Türen in dieses Raumschiff nicht klein sind. Mystische Stimmung macht sich breit und die Stille ist beängstigend. Ein tolles Erlebnis, eine wunderbare Natur, abseits jeglicher Zivilisation. Ein Gefühl, das man im Südwesten auch immer hat, wenn man bereit ist, "ein paar Meter" zu gehen.

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Nach eineinviertel Stunden ist das Abenteuer vorbei und wir nehmen die Dirtroad zurück zu Teer. Es ist kein ausgeschriebener Trailhead, aber eine kleine Bucht am Straßenrand hat exakt für ein Auto Platz, nämlich für unseres. Hier könnte man von der anderen Seite in den Yahoo Creek wandern, aber wir haben ein anderes Ziel. Leider ist der Trail 602 offensichtlich weder benutzt, noch gepflegt. Und so gilt es, ein paar umgefallene Bäume und bodenbedeckende Sträucher zu übersteigen. Aber es ist nur knapp eine halbe Meile und noch bevor sich der Weg in den Canyon stürzt, steht das Eingangstor in Form des Markers Arch. Die Vegetation hat den Steinbogen fest im Griff und wenn es nicht mehr Enthusiasten wie uns gibt, wird er von der Natur aufgefressen. Die Bäume wachsen schon auf seinem Rücken und drohen ihn zu ersticken.

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Whitley City klingt nach Großstadt, aber die 1.170 Einwohner liegen, ähm, wohnen im Wald verstreut. Nach knapp 1,5 Meilen ungeteerter Straße stehen wir am Waldesrand und prüfen, ob wir richtig sind. Eine kleine Terrasse gibt den Blick auf den Split Bow Arch frei. Aber von hier geht es soweit senkrecht in die Tiefe, dass man sich abseilen müsste, um direkt zum Steinbogen zu kommen. Wir suchen nach einem Weg in die Schlucht und landen am Bear Creek Trail, der 0,2 Meilen weiter südlich liegt. Es geht hinab in Richtung Cumberland Fluß und dann wieder rauf zum Arch, durch den wacklige Holztreppen führen. Der zersplitterte Bogen hat sich von der Wand abgetrennt und steht nun ziemlich zerbrechlich und einsam in der Gegend rum. In den Ritzen, in denen noch etwas Erde lagert, haben sich Bäume angesiedelt, wie wenn sie geplant hätten, diesen Felsen abzureißen. Ein kräftiger Wind könnte dieses Vorhaben unterstützen. Um den Split oben auf dem Arch, der ihn zum Doppelbogen macht, zu sehen, muss man ein wenig klettern. Aber auch ich stehe jetzt auf wackligen Beinen und an ein dokumentierendes Foto ist nicht zu denken. Dafür raschelt es und eigenartige Laute gelangen an unser Ohr. Klingt harmlos wie Enten, was jedoch angesichts des fehlenden Wassers eher unwahrscheinlich ist. Egal, wir ergreifen zwar nicht die Flucht, aber wandern zügig zurück.

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Als wir nicht einmal eine halbe Stunde unterwegs waren, sind wir wieder am Auto. Nicht nur wir, sondern auch unsere Wanderklamotten sind am Ende. Genug gewandert, wir fahren in Richtung Williamsburg. Und als wir bei strahlendem Sonnenschein unserem heutigen Domizil näher kommen, beschließen wir noch einen Besuch der Cumberland Falls. Mal schau'n, ob es hier noch genügend Wasser gibt. Der Parkplatz ist voll und es bedarf ein bißchen der Suche, um noch einen Stellplatz zu ergattern. Jetzt sind wir aber mitten im Trubel. Menschenmassen kommen oder gehen zu den Wasserfällen, die der Cumberland River auch zu dieser Jahreszeit mit viel H2O versorgt. 21 Meter ergießt sich das Nass auf 40 Meter Breite hinunter. Echt nett und verschiedene Aussichtspunkte führen zu guten Perspektiven.

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Neben der Interstate 75 zieht ein Sturm auf und die kleineren Äste schaffen es schon auf die Autobahn. Alles halb so schlimm, wir erreichen sicher unser Hotel. Das Cumberland Inn in Williamsburg sieht wie ein Capitol aus. Eine schmucke, kleine Herberge auf dem Gelände der Cumberland Universität, die gegebenenfalls dazu beitragen kann, dass die horrenden Studiengebühren in den USA etwas reduziert werden können. Soweit die Theorie! Das Essen im angeschlossenen Patriot Restaurant war schon ok und Sprite kann man trinken, bis man überläuft. Soll aber gut für die Nieren sein. Der Regen hat die Luft endlich abgekühlt und die Nacht bei offenem Fenster war auch ohne Feierabendbier eine Wohltat.

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Freitag
Das mit dem offenen Fenster war doch keine so gute Idee. Zuerst kam ein Zug nach dem anderen, der natürlich jedesmal Signal gab, wenn er an einem Bahnübergang war und ausserdem donnerte dann doch irgendwo ein Feuerwerk in den Nachthimmel. Das Frühstück war auch nicht gut. Es roch und schmeckte eigenartig, der Kaffee war aus, beim Toaster funktionierten nur zwei Heizfäden und Eier waren auch Fehlanzeige. Studentenbude!

Nach dreimaliger Passage haben wir einen Pullout kurz nach dem Milemarker 4 auf der KY 90 gefunden. Der Blick in die Tiefe, die unmittelbar an der Straße beginnt, läßt nichts Gutes erahnen. Aber nach dem Frühstücksreinfall wird das Glück erzwungen. Wir wandern am Cliff entlang, von einem Trail kann keine Rede sein. Immer wieder durch kleine Alkoven, über Bäume und wie gesagt, rechts runter möchte ich jetzt nicht fliegen. Aber der Weg ist kurz, denn bald erbarmt sich die Natur und eine Nase führt gut beherrschbar in den Canyon hinab. Nicht nur der Name ist schön, auch der Steinbogen ist es. Willkommen am Moonshiners Arch. Die Raupe hat einen Buckel gemacht und wir wandern hinein. Eine Öffnung in der Decke läßt den Mond, respektive jetzt die Sonne, in das Dunkel des mitten im Wald stehenden Arch scheinen. Wie gestern am und im Yahoo Arch, ist es im Innern des Steinbogens wie in einem Raumschiff. Alarmstart! War das nicht die zentrale Anweisung von Cliff Allister McLane, falls sich das Raumschiff Orion in einer bedrohlichen Lage befand? Doch wir fliegen nicht, sondern wandern gemütlich wieder zurück zum Auto.

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Es geht nur ein kleines Stück weiter, nämlich bis zum Milemarker 7, denn dort verlassen wir den Teer erneut für knapp 3 Meilen. Ein paar Schlaglöcher erforderten bei dem ansonsten angeschlagenen Tempo flinke Korrekturmanöver. Irgendwie also doch Raumpatrouille. Als wir aussteigen um die Wanderung zu beginnen, kriecht eine Schildkröte über unseren Weg. Kein Einzelfall, wir haben nicht nur hier welche gesehen. Die gemeine Kentucky-Schildkröte sozusagen. Eine alte, zugewachsene Dirtroad bringt uns in ein paar Minuten zum Phalanx Arch. Er ist kleiner als der Moonshiners, hat aber auch einen offenen Spalt in der Mitte der Decke. Ein Rhododendron steht auf seinem Spann und sieht aus, wie ein Büschel Haare, dass dem alten Steinbogen geblieben ist.

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Steffi führt uns zum nächsten Trailhead. Nein, sie führt uns gleich direkt zu einem Doppelarch, der neben der Straße steht. Wie zwei Eingangstore in den Wald ruhen die Daylight Arches am Wegesrand. Leichter geht's nicht.

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Ein Steinbogen steht noch auf dem Programm, aber dort, wo das GPS den Trailhead anzeigt, ist weit und breit nichts von einem Weg zu sehen. Sollen wir uns durch das Unterholz schlagen? Monika bleib mal sitzen, ich schau mir das mal an. Die Erkundung wird zur Flucht, denn die Viecher überfallen mich. Der nächtliche Regen hat ihnen wohl Auftrieb gegeben. Uns so reicht es nicht einmal für eine Zigarette in der Sonne. Schluß für heute.

Es ist zwar noch früh, aber es gibt auch in der Nähe nichts mehr Interessantes. Also suchen wir mal in Williamsburg nach einer Autowaschanlage. Der weiße Chevy ist nicht mehr weiß und der Innenraum bräuchte es auch sehr, sehr dringend. Aber Fehlanzeige, genau so, wie ein vernünftiges Restaurant, das uns für das Abendessen gut getan hätte. Also wieder Patriot und das Essen war heute bäh. Der Frühstückskoch hatte wohl auch noch Spätdienst.

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winnie

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Hohenstein
Hi Fritz,

zu Deinem Reisebericht und vor allem zu den Bildern fällt mir nur ein Wort ein (welches aber nicht hundertprozentig gesellschaftsfähig ist [-X )
Fängt mit G an und folgen tun noch 3 weitere Buchstaben :giggle:

Voll Milch - ach nein, das war ja die Lisa..... voll cool meinte ich !!

Danke und mach weiter so
Winnie

P.S. und wenn es nach mir geht, könnt ihr die 85 Tage ruhig noch ein wenig ausdehnen........
 
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Gast
Samstag
Unsere Kentucky-Reise nähert sich dem Höhepunkt, wir setzen in das Gebiet der Red River Gorge über. Zügig und zweispurig geht es auf der Interstate 75 nach Norden und auch die KY 306 verspricht Geschwindigkeitsrekorde. Aber halt, langsam, aus der breiten Piste wird plötzlich eine Bergstrecke. In Schlangenlinien fahren wir durch hüglige Landschaften, der Vergleich mit Passstraßen in den Hochalpen ist ab und zu wirklich treffend. Erst als wir bei Beattyville die South Fork des Kentucky Rivers queren, wird aus der Achterbahnfahrt ein ruhigeres Dahingleiten. Das Gebiet des Red Rivers beginnt und bald stehen wir am ersten Trail, der keiner ist.

Mann und Frau spechten nach oben und konstatieren, dass die Stein-, Gestrüpp- und Waldwand, die vor uns steht, schwierig zu überwinden sein würde. Die Dark Hollow Arches sind nicht weit, aber Gestrüpp an den wenigen möglichen Aufstiegsrouten ist vermutlich nicht schadlos zu überstehen. Es braucht einen Weg und so kreisen wir immer an der Wand lang und zurück, um diesen Einstieg zu finden. Es blieb die Erkenntnis, dass unter Kosten-/Nutzengesichtspunkten die Steinbögen ohne uns auskommen müssen.

Der Natural Bridge State Resort Park ist aber nicht weit und bald schnüren wir unsere Wanderschuhe auf einem Parkplatz, der schon ziemlich frequentiert einen Touristenauflauf und -auslauf wahrscheinlich werden läßt. Und der Trail geht auch gleich mal an einem kleinen Stausee los, der zum Schwimmbad umgebaut ist. Das Wandern ist des Müllers Lust, also kostenfrei, und so machen wir uns auf dem Original Trail auf in die Höhe. Ein schattiger Waldweg führt uns gemeinsam mit anderen Hikern im Wald nach oben. Keine lästigen Insekten heute, das ist sehr angenehm! Der geneigte Wanderer im Voralpenland ist oft einer deprimierenden Situation ausgesetzt. Mit letzter Kraft kommst du oben am Gipfel an und dann stehen sie in Stöckelschuhen da, die Mädels, die eine Gondel oder ein Lift nach oben gebracht hat. Déjà-vu: Alles ist hier oben, was Rang und Namen hat. Herzlich willkommen an der Natural Bridge of Kentucky, die man auch über einen Lift erreichen kann. Die Brücke ist gigantisch und ein toller Felsbogen. Fotos ohne Menschen sind eher dem Glück, mindestens aber viel Geduld zu verdanken. Wir durchschreiten das Felsentor und umgehen es nach links. Dort führt ein sehr schmaler Spalt nach oben. Wie eine Autobahn, na sagen wir fast, so breit zeigt sich der Rücken des Ungetüms. Als wir am anderen Ende eine schattige Sitzgelegenheit finden, zünde ich mir, wie es bei uns Touristen üblich ist, eine Zigarette an und wir starren in die Ferne. Kentucky soweit das Auge reicht.

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Wir wollen dem Trubel etwas entfliehen und machen uns auf einen anderen Rückweg. Ohne Kenntnis wohin der Trail führt, wandern wir auf dem Weg zum Battleshiprock. Auch ein Phänomen; etwas abseits und schon bist du alleine. Es geht an einer tollen Felsenwand entlang, aber da, stopp, ein Schild und was steht drauf: Needles Eye! Die Neugier des Menschen ist unantastbar, Artikel I des Hikergesetzes. Also rauf, denn der Name läßt vermuten, dass sich hier ein Arch versteckt. Was bisher eher einem Spaziergang entsprach, mutiert jetzt zur Klettertour. Ziemlich senkrecht geht es hinauf, ab uns zu braucht man sogar die Hände. Und dort wo man ein Seil bräuchte, sind Treppen. Der Schweiß wäscht die Wanderklamotten und die Oberschenkel fangen an zu brennen. Egal, eine kleine Trainingseinheit können wir sowieso gebrauchen. Immer schmäler und steiler wird der Pfad, aber es ist bald geschafft. Endlich sind wir oben. Juhu! Und wo ist jetzt der Steinbogen? Needles Eye, also das Nadelöhr, ist eine gängige Bezeichnung für Arches, die exponiert und filigran auf einem Bergrücken stehen. Etwas entsprechendes ist aber nicht zu sehen. Der schmale Pfad, der auf die Needle führte, war das Auge, respektive das Öhr. Mein Gott!

Slade, nicht die Rockband aus vergangenen Tagen, sondern ein Elendsort am Bert T Combs Mountain Parkway, einer Interstate-ähnlichen Highway, ist das südwestliche Einfallstor zur Red River Gorge. Just hier ist eine Raststation, von deren Parkplatz aus unser nächster Hike beginnt. Weil wir ganz schlau sind, fahren wir noch in den Campground, da sich der Weg, betrachtet man die GPS-Route, dadurch verkürzt. Ich glaube ich habe die Campgroundwächterin vom Mittagsschlaf aufgeschreckt, denn sie sah nicht besonders frisch aus, als ich sie fragte, ob ich hier parken kann. Bleib stehen, kein Problem. Das Problem ist aber andersartig, denn es gibt dorthin, wo wir hin sollten, nur Querungen der Boling Branch über privates Land. Also doch zurück auf den Rastplatz. Aber auch hier der gleiche Mist. Eine Touristeninformation kommt da gerade recht. Ein junger, einsamer Mann sitzt in einem abseits stehenden Mobilhome. Drinnen hat es gefühlte Minusgrade, ein echter Energiesparer. Nett und zuvorkommend ist er und als er ein Buch aufschlägt, um selbst zu erkunden, wie die Slade Twin Arches zu erreichen sind, wußte ich, dass es vorbei ist.

Wir fahren weiter durch Slade in die Red River Gorge. Tolle Felsformationen weisen den Weg in den Nada Tunnel, er könnte in Italien in den Hochalpen stehen, unbeleuchtet und einsprig, und dann hinauf in den Himmel. Wir erreichen den Trailhead zur Sky Bridge. Gemächlich wandern wir bergab und es es fast nicht zu erkennen, als wir auf dem Rücken der Brücke stehen. Die Aussicht ist wunderbar, zwischen den schier nicht enden wollenden Wäldern immer wieder Felsformationen, die wir die nächsten Tage erkunden werden. Auf der anderen Seite der Sky Bridge geht es hinunter. Wie ein geschliffener Zahnstocher ragt die Brücke in die Wälder und in die Schlucht hinaus. Und damit dieser nicht abbricht, hat er - wie von einem Architekten geplant - einen Stützpfeiler eingebaut. Die nun schon tiefer stehende Sonne bringt die Innenseite der Sky Bridge in einem gelblich-organgen Ton zum Leuchten. Der Roundtrip endet nach gut 0,7 Meilen.

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Auf unserem Weg die KY 715 weiter, um wieder zur Autobahn zu kommen, folgt ein Trailhead nach dem anderen. Viele stehen für die nächsten Tage auf dem Programm, aber auch einen nicht eingeplanten Weg zu einem Arch entdecken wir. Copy and Past, ab in den Arbeitsspeicher!

Der Parkway endet an der Interstate 64, die uns direkt nach Winchester bringt. Nach den bösen Erfahrungen mit dem BW in Hamilton habe ich für die nächsten vier Nächte umgebucht. Ein schönes Hampton Inn hat den Zuschlag und wir ein tolles Zimmer bekommen. Das Hotel bietet ein kostenfreies Barbeque an, aber wir fahren lieber zu einem Applebee's und sitzen nun gemütlich an der Bar, trinken Bier und Radler und lassen es uns gut gehen. Eine schöne Natur liegt vor und hinter uns. Wenn nur die vielen Bäume nicht wären und vielleicht wäre es gut, wenn man im Frühjahr oder im Herbst den Blättern auskommen könnte. Es ist nur ein Luxusproblem, dass die Rauchpausen vor dem Applebee's selbst jetzt nach 19 Uhr bei schnuckeligen 104 Grad stattfinden.

... Fortsetzung folgt!
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Sonntag
Das gute und reichliche Frühstück gibt Kraft und Ausdauer, die die Wandertage in und oberhalb der Red River Gorge brauchen. Blauer Himmel und strahlender Sonnenschein begleiten uns auf dem Mountain Parkway bis zum Exit 33. Als die Dirtroad beginnt, sind es noch 0,9 Meilen bis zum Start der Gray-Arch-Wanderung.

Trail Nummer 205, alles scheint easy. Langsam, aber stetig geht es hinunter in den King Branch. Doch dann ist es aus mit Wegweisern und der Weg entfernt sich auch vom Ziel. Unsicherheit macht sich breit und nachdem ich oben einen Trampelpfad entdeckt habe, der in die Richtung des Gray Arch führt, gehen wir zurück. Wir sind direkt am letzten GPS-Waypoint, also eigentlich am Ziel. Stimmt auch, aber wir stehen auf dem Arch und nachdem sich der mächtig in die Höhe schraubt und die Abstiegsmöglichkeiten eher was für Kamikaze sind, machen wir uns wieder auf zum Touristenweg. In einer langen Schleife nach rechts erreichen wir den Canyonboden. Ein rauer Weg geht in die Gabelung und dann rollen wir das Feld von hinten auf. Pech ist, dass das erreichte Niveau rund 50 Höhenmeter unter dem Steinbogen ist. Und nachdem wir vielleicht nur 50 Meter von der Position des Steinbogens entfernt sind, muss man kein Mathematiker sein, um zu erkennen, dass es hier steil bergauf geht. Der Kreislauf, der sich in der Nacht Ruhe gönnte, läuft jetzt auf Hochtouren. Erst auf dem Rückweg erkennen wir, dass es eine sehr einfache Variante von vorne gegeben hätte. Auch gut, wir stehen unter dem gigantischen Exemplar. Seine dicke Felssäule lehnt sich an die Wand.

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Knapp 2,5 Meilen bei optimaler Wegführung, dieses Mal plus X wegen Dummheit!

Als wir auf der ungeteerten Tunnel Ridge Road unserem nächsten Ziel entgegen steuern, ist die Straße plötzlich gesperrt. Die heimatlichen Planungen gingen davon aus, dass man noch ein schönes Stück weiter fahren kann. So müssen die Füße herhalten. Als wir vom Parkplatz auf der benachbarten Auxier Ridge in die abgesperrte Tunnel Ridge Road hiken, kommt uns ein Mann und eine Frau entgegen. Die Frau wandert noch frohen Mutes, auch in der Erkenntnis, dass sie gleich am Auto ist. Der männliche Vertreter unserer Spezies ist kurz vor dem Zusammenbrechen. Die Kühlbox, die er geschultert hat, entspricht ungefähr einem Kühlschrank für einen verfressenen Zweipersonenhaushalt. Die Gleichberechtigung ist inzwischen für uns Männer zum wahren Problem geworden. Monika ergänzt: Die hatte aber auch viel in den Händen.

Wir passieren die Schranke, die noch einwandfreie Gravelroad ist jetzt der Trail No. 201, auf einem Schild am Trailhead steht Star Gap Arch. Wunderbar, das scheint im ersten Teil eine problemfreie Wanderung zu werden. Nach knapp einer halben Meile sagt das GPS, dass wir nach links müssen. Eine alte Dirt Road, beschildert mit No. 2071, geht hier weg und sie leitet uns nach Westen. Hinaus auf der Felsnase und dann auf einem Seitenast der Ridge nach Norden zum Star Gap Branch. Und wieder stehen wir mitten auf einem Steinbogen, dem Star Gap Arch. Wir überqueren ihn, um irgendwo einen Abstieg zu finden. Immer weiter hinaus, bis der Abgrund gähnt, dann haben wir das Vorhaben schon fast aufgegeben. Die Schmerzgrenzen für Abstiege erhöhen sich mit dem zunehmenden Wunsch, nicht grundlos gewandert zu sein. Und so finde ich neben dem Dach des Steinbogens einen rund zwei Meter hohen Absatz. Wir kalkulieren das Risiko, - runter kommt man immer irgendwie, aber rauf? Jetzt auch egal. Mehr oder weniger auf dem Hosenboden rutschen wir in die Hölle. Nein, so schlimm war es dann auch wieder nicht. An der Felswand entlang geht es zum Arch. Und es ist toll hier. Wir sitzen mitten in der Öffnung und blicken in die Ferne. Der Aufstieg war nicht einfach, aber etwas anschieben und gegenseitige Hilfe hat uns wieder auf den Trail gebracht. Unsere Hosen sehen zwar wegen der Rutschpartie abwärts aus wie die Sau, aber in nur 15 Minuten sind wir wieder zurück auf der Tunnel Ridge Road.

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Die gehen wir nun weiter bis zum bitteren Ende. Dort ist auch der alte Parkplatz und der ursprüngliche Trailhead zum Double Arch. Frohen Mutes folgen wir dem Double Arch Trail zuerst über abenteuerliche Treppen hinunter in den Auxier Branch. Es geht nun flach dahin, der Pfad ist gut sichtbar und unmißverständlich. An das GPS habe ich wegen der suggerierten Klarheit nicht mehr gedacht. Und so wandern wir bis es wieder nach oben geht. Die Steigung nimmt zu und irgendwann habe ich mal wieder auf mein GPS geschaut. Mist, wir sind rund 400 Meter rechts von dem geplanten Weg. 6 Satelliten können nicht irren oder vielleicht doch? Wir nehmen die Karte zur Hand und versuchen anhand der Höhenlinien zu beurteilen, ob wir falsch sind. Wir sind rechts vom Bach, unser Weg links davon. Nach einem "wird schon wieder auf die andere Seite gehen" und wenig später begleitet mit einem durch die Wälder Kentuckys dröhnenden Fluch, haben wir die Hoffnung, dass wir richtig sind, aufgegeben und kehren um. Hilfe kommt uns entgegen: Ein junges Pärchen, etwas tätowiert, na gut, aber trotzdem friedlich aussehend. Als ich jedoch die Schußwaffe sehe, die der Mann offen am Halfter trägt, wird mir anders. Das Gespräch beruhigt jedoch und wir bekommen anhand seiner Topomaps erklärt, dass wir uns richtigerweise auf dem Rückweg befinden und dann dem Trail nach rechts folgen müssen. Also wieder hinauf bis knapp vor die Treppen. Und siehe da, da steht in Kniehöhe ein Schild. Auch das GPS zeigt eine Punktlandung. Was sagt uns das? Augen auf und nie zu sicher sein. Ich habe mit unserem kleinen Taschenmesser das Wort "ARCH" und einen Pfeil eingeritzt, damit, wenn die Unkonzentrierten erneut hier aufschlagen, sie den Weg nicht verfehlen.

Wir setzen unsere Wanderung nun noch knapp eine Meile fort. Es geht immer an der Ridge entlang und mitten im Dschungel erscheint hoch oben der Steinbogen. Das Licht leuchtet an seine Zimmerdecke und strahlt in die endlosen Wälder. Jetzt heißt es nur noch Höhe gewinnen. Der Schweiß perlt, aber Stufen erleichtern auf dem letzten Stück den Aufstieg. Dieser Steinbogen ist toll, er ist ausgesetzt und wie durch einen Fernseher können die Blicke fast 360 Grad schweifen. Die zweite, sehr schmale vertikale Öffnung ist schwierig zu sehen, aber eine erhabene Position bringt auch diese zum Vorschein. Wir sind alleine, mein völlig durchnäßtes T-Shirt hängt nun zum Trocknen im Arch. Nettes Bild.

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Nach gut 7 Meilen sind wir zurück am Auto und fix und foxi. Der Umweg hat nicht nur Nerven, sondern auch Kraft gekostet. Zudem hat es schon wieder 103 Grad. Es ist also genug für heute. Ein abendliches Gewitter kühlt Kentucky drastisch ab. Im Zimmer hängt eine Empfehlungsliste für Essenslokale. Der einzig reizvolle Italiener hat aber heute am Sonntag zu, so dass erneut das Applebee's herhalten muss. Kalt war's inside - nicht das Essen, sondern das Lokal.

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Montag
Heute Nacht haben sich die Schleusen des Himmels noch kräftig geöffnet und wir genießen die frische Landluft bei angenehmen 75 Grad. Wolken verdecken den Himmel, als wir bei Pine Ridge die Schnellstraße verlassen und fast unmittelbar auf die ungeteerte Chimney Rock Road einfahren. Wir sind am Trailhead zum Princess Arch, den wir bereits nach 10 Minuten und 0,2 Meilen Wanderung erreichen. Ziemlich dunkel, fast wie verbrannt kommt sie daher, die Prinzessin. Der Bogen hat sogar einen wunderbaren Brotzeitfelsen an seiner linken Flanke, doch das Frühstück ist noch nicht verdaut.

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Die Wege sind feucht und rutschig und die lästigen Viecher sind auch schon unterwegs. Auf dem jetzt noch gut sichtbaren Trail zum Cherokee Arch, der am gleichen Parkplatz wie der zum Princess Arch beginnt, lauert eine Schildkröte. Aber sie ist einfach zu langsam, um uns die Insekten vom Leib zu halten. Und dann verliert sich der Weg, er wird zum Pfad und der endet im Nichts. Na gut, dann versuchen wir es querfeldein und halten uns exakt an die GPS-Daten. Die Büsche werden immer dichter und es ist kaum mehr auszumachen, ob die inzwischen klitschnasse Kleidung vom Schweiß oder vom übrig gebliebenen Regen stammt. Eine Machete bräuchte man. Wir kämpfen uns aber brav weiter durch und dort, wo der Steinbogen sein soll, geht es nun noch zapfig in einen Canyon hinunter. Ich scoute alleine und genau am Ziel-Wegpunkt ist alles andere, nur kein Arch. Eineinhalb Stunden erfolgloses jagen, - tja, soll vorkommen.

Wir fahren zurück zum Highway 715 und besuchen die Fenster des Engels. Ja ist denn heut schon Weihnachten? Der kurze Weg, wunderbar erkennbar, führt uns an einer Felswand entlang zu einem Doppelarch, den Angel Windows. Der Engel läßt seine Flügel ganz schön hängen, aber der kleine Steinbogen ist nett. Das ist mal kein Gigant.

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Als wir gestern den Heimweg antraten, haben wir ein Schild Whistling Arch gesehen. Er stand zwar nie auf unserem Plan, aber wenn man schon hier ist und etwas Zeit hat, dann geht ein echter Arch Hunter das auch an. Mitten in den Wäldern des Daniel Boone National Forest quält sich die rabenschwarze Schlange auf einen Baum. Darunter stehen zwei Menschen, die das Schauspiel beobachten. Good morning! Wir stellen uns dazu, denn wir sind auch neugierig. Man kommt ins Gespräch und es war wohl ihnen als auch uns klar, dass wir keine Amerikaner sind. Er erzählt, dass seine Frau die Schlange fast zertreten hätte - Brille vergessen! Und irgenwann habe ich dann doch gefragt und die Antwort war: "Remscheid, muss man aber nicht kennen". "Aber natürlich kennt man Remscheid!" Nein, wir sind keine Lügner, wir wollten nur nett sein. Wenig weiter, am Rande eines großen Felsens, der am Abhang zum Parched Corn Creek steht, hat sich ein Loch gebildet, das ziemlich rund ist. Wenn der Wind aus dem Canyon pfeift, pfeift auch das Loch. Es pfeift sozusagen aus dem letzten Loch.

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Der Swift Camp Creek hat eine schmale, aber tiefe Furche in der Erde hinterlassen und die Rock Bridge Road führt bis zu einem Parkplatz an der Kante dieses Canyons. Gute drei Meilen geht es ungeteert, aber flott dort hin. Der Trail No. 207 führt uns durch einen Urwald, teilweise über Treppen hinunter zum Creek. Der Weg ist sogar oft geteert. Trotz der touristischen Voraussetzungen sind wir alleine, nur der Ruf der Tiere hallt aus dem Dschungel. Doch plötzlich liegen im Wald Zelte, ja sie liegen, Rucksäcke und sonstige Utensilien von Backpackern. Die hat es wohl heute Nacht weggeschwemmt. Als wir kurz danach an einen kleinen Sandstrand kommen, ja der gelbe Sand sieht mitten im nicht enden wollenden grünen Wald ungwöhnlich aus, sehen wir, dass die Familie trotz der nächtlichen Flut wohlauf ist. Die Kinder haben die höchste Freude an dem Wasserfall, am Strand und am Flußlauf. Kurze Zeit später sind wir in Venedig. Die Rock Bridge sieht wie die Rialtobrücke aus. Sie überspannt den Swift Camp Creek, der hier ruhig wie ein See in seinem Bett liegt. Schön ist es hier. Nach knapp 1,5 Meilen Rundweg ohne Pannen und Hindernisse sind wir wieder am Auto.

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Es ist erst 14 Uhr und wir beschließen noch eine Wanderung zu machen. Die Twin Nada Arches liegen am Moreland Branch und das erste Mal haben wir gleich die Einfahrt verpasst, die zwischen den Häusern nach links in die Wild Cat Ridge führt. Eine halbe Meile weiter endet die Straße an einem Elektrogenerator. Wir wenden und nehmen nach wenigen Metern eine Einfahrt. Unmittelbar daneben befindet sich in Archrichtung eine Schranke: privates Land. Ich quäle mich mit den Flip-Flops an der Sperrung vorbei und steige hoch. Es sind nur rund 50 Meter bis zum Nada East Twin Arch. Die Ridge, die auf ihm draufsitzt ist rund 10 Meter hoch, aber der Durchbruch reicht, um erhobenen Hauptes auf die andere Seite zu kommen.

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Auf der Heimfahrt blitzt ganz kurz die Sonne durch, ansonsten war es den ganzen Tag bewölkt. Aber zum Wandern war's wirklich angenehm. Und nun wollen wir mal nach den Angaben in der Empfehlung des Hotels den besten Italiener von Winchester besuchen. Ich freue mich auf eine schöne Vorspeise, vielleicht dann Fisch und eine Flasche Wein dazu. Das ist ein würdiger Abschluß des Wandertages. Als wir ankommen, kommen auch die Zweifel und als wir das Lokal betreten wird klar, dass der Wunsch Vater des Gedankens war. Die Bude erzeugt den Charme der Kantine einer Autowerkstatt. Und als wir gefragt werden, ob Buffet oder nach Karte reicht es mir eigentlich schon. Das Buffet, eine ganz besondere Art der Speisenpräsentation! Ich hasse Buffets, denn ich weigere mich für durchmischtes Essen zu bezahlen und es mir dann auch noch selbst zu holen. Also Karte, aber bitte zuerst die Weinkarte. Und wieder: Sprite! Dann aber auch gleich Buffet. Pizza, Pizza, Pizza, Nudeln, Nudeln, Nudeln, Salat, Salat Salat; wirklich der beste Italiener von Winchester, vermutlich von ganz Kentucky, was sage ich, des ganzen Landes.

Dienstag
Heute scheint wieder die Sonne und wir brechen zu unseren letzten Hikes dieses Urlaubes auf. Erneut geht es in die Red River Gorge, wir passieren den Nada Tunnel und stehen bald auf dem Parkplatz, an dem der Bison Trail (No. 210) beginnt. White Diamond Blazed, also mit weißen Diamanten, wir würden Raute dazu sagen, gekennzeichnet, führt der Weg am Gladie Creek entlang. Die Steigungen halten sich noch in Grenzen, aber es geht immer wieder bergab und bergauf. Nach einer Weile treffen wir auf den Sheltowee Trace Trail, ein Fernwanderweg, der 282 Meilen durch Kentucky und Tennessee führt. Durch den Sorgent Branch geht es nun stetig bergauf und als wir das Ende des Astes erreicht haben, windet sich der Weg zu einer massiven Felswand hoch. Immer an der Wand entlang und dann die letzten Höhenmeter über Treppen, geht es zum Indian Arch. Eine dreiviertel Stunde hat es bis hierher gebraucht. Der sehr schöne Steinbogen erhält sich seine gelb-braunen Farben an der Innenseite, indem immer wieder Gesteinsschichten abblättern. Verdreht spannt sich der Arch hinunter in einen ungefähr 10 Meter hohen Absatz.

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Einen hätten wir noch, aber der Hopewell Arch bleibt leider unsichtbar, trotzdem das GPS-Datum genau erreicht wurde. Obwohl wir schweißgebadet eine Ridge weiter absuchten, war es ein sogenannter Schneidergang. So, jetzt aber! Genug gearcht und gewandert. Nach insgesamt 74 Wanderungen quer über den Kontinent ist Schluß. Wir fahren nach Lexington. Nettes Örtchen, hübsche Lokale am Broadway und in der Main Street. Hotels, ein paar Hochhäuser, alte Bauten, - die "Pferdehauptstadt der Welt" ist die zweitgrößte Stadt Kentuckys. Unser Flip-Flop-geeigneter Stadtsparziergang bei herrlichem Sonnenschein tut gut und ist die notwendige Abwechslung nach den vielen Hikes in der grünen Hölle von Kentucky.

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Wir haben gelernt und nachdem wir kein gutes Lokal in Winchester erwarten können, landen wir wieder im Applebee's. Das Auto muss gewaschen werden, denn wir werden im letzten Abschnitt unserer Reise noch einen kleinen Städteurlaub machen. Aus ist's mit der Natur und so wandern die Wandersocken und Bergstiefel in luftdicht verschlossenen Plastiktüten.

... Fortsetzung folgt!
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Melchahim

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so wandern die Wandersocken und Bergstiefel in luftdicht verschlossenen Plastiktüten

besser ist das :) :)
 
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Vor allen Dingen, damit man im Auto nicht das Bewußtsein verliert :-D
 
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Gelöschtes Mitglied 5876

Gast
Mittwoch
Abschlußstädteurlaub! Ja, darauf freuen wir uns jetzt. Ein Wermutstropfen jedoch bleibt: die nächste große und schöne Stadt liegt gut 900 Meilen, das sind immerhin 1.450 Kilometer, weiter östlich. Das ist für uns aber keine Überraschung, also auf nach Boston!

Unsere Autosightseeingtour beginnt auf der Interstate 64, die hier der berühmte Purple Heart Trail ist: As you travel the Purple Heart Trails, please take a moment to remember the sacrifices that have been paid for our nation’s freedom. Das machen wir sicher nicht, sondern erreichen nach 95 Meilen West Virginia, das wir komplett durchqueren. Das nordwestliche Eck von Maryland kassieren wir ebenfalls und dann nach Pennsylvania. In dem Staat, in dem wir die erste der 86 Übernachtungen gemacht haben, liegt Harrisburg. Das Harrisburg, in dem im März 1979 der schwerste Atomunfall der USA auf dem Three Mile Island Kraftwerk stattfand. Wir fahren in einen Vorort, Carlisle. Noch nie gehört? Wir vorher auch nicht. Aber das Hampton Inn liegt ziemlich an der Autobahn und ist damit ein guter Ausgangspunkt für morgen. Nach 8,5 Stunden für 504 Meilen checken wir ein.

Hinter dem Historic District von Carlisle, der im übrigen sehr schön ist, hilft uns der Walmart mit ein paar notwendigen Dingen aus und zum Abendessen fahren wir ins Longhorn Steakhouse. Das Essen war wirklich sehr gut.

Donnerstag
Es geht in einem südlichen Bogen um Harrisburg herum, über den Susquehanna River zur Interstate 81 und weiter auf der I-78. Bei Easton kommen wir über den Delaware River nach New Jersey. Als wir bereits auf der Interstate 95 und dem New Jersey Turnpike nach Norden unterwegs sind, taucht rechts die Skyline von New York auf. Sie begleitet uns einige Zeit und irgendwie wird uns jetzt bewusst, dass wir wieder am Atlantik gelandet sind. Coast to Coast - Teil 2. Bisher sind wir zügig vorangekommen, an der George Washington Bridge ist jedoch Schluss. Der allseits präsente Stau auch am nördlichen Ende von New York City kostet uns rund 20 Minuten. Wir sind im Staat New York und es geht weiter nach Norden. Die New Yorker fahren wie die Henker, das ist schön. Über den Byron River erreichen wir dann Connecticut. Und als wir bei Hartford auf die Interstate 84 fahren, ist es nicht mehr weit bis Massachusetts. Mir fällt da immer der Klaviersketch von Loriot ein. Ein Geschenk, ein Geschenk!

Boston erwartet uns nach 409 Meilen bei strahlendem Sonnenschein und 93 Grad. Das Nine Zero ist ein tolles Hotel und wir haben zudem das Glück, im obersten Stock (19) ein Zimmer zu bekommen. Der erste Blick über den Boston Common und den Charles River verspricht eine schöne Zeit.

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Nach dem sehr guten Essen im Oceanaire Seafood Room sind wir nochmal auf die Piste, um erste Eindrücke von Boston zu ergattern. Schließlich waren wir schon 10 Jahre nicht mehr hier.

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Texelrita

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Leverkusen
(y)(y) Fritz, nicht denken es liest keiner mehr! Ich bin immer noch dabei und staune jeden Tag über Deine tollen Bilder und was Ihr alles erleben durftet, echt Knaller!!! Supertoll da mitfahren zu dürfen :cool:
 
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Gelöschtes Mitglied 5876

Gast
Danke für das Feedback. Bald seid Ihr erlöst - Boston und NYC, dann ist's gut ;)
 
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