Mit einem leisen „brrrt“ startete der wohl schlimmste Tag in meinem langen Urlaubs- und Reiseleben. Es war 00:53 Uhr, als mein Telefon dieses Geräusch machte. Eine neue Nachricht war eingegangen und das Handy vibrierte kurz. Das Display schaltete sich kurz ein und ging dann schnell wieder aus. Kurze Zeit später verstummte auch das Außengerät der Klimaanlage, das draußen vor meinem Schlafzimmer stand und es wurde ruhig.
Da ich eh wach war, nahm ich mir also das Telefon und schaute auf die Nachricht: KLM schrieb mir, dass ich nun einchecken konnte.
Das erschien mir komisch, denn ich hatte bereits am Tag davor eingecheckt für unsere Rückreise RSW - JFK - AMS - BER, aber gut, vielleicht hatte die digitale Abstimmung zwischen Delta und KLM nicht richtig geklappt und so legte ich das Handy wieder hin und schlief weiter…
„Alle Mitarbeiter befinden sich in einem Gespräch. Bitte gedulden Sie sich einen Augenblick, der nächste freie Mitarbeiter ist gleich für Sie da“, tönt es aus dem Lautsprecher des Telefons. Das Ganze ist auf Deutsch, insofern sei so viel verraten: Wir sind wieder Zuhause.
Ob ich alle Dinge, die dazwischen passiert sind richtig zusammenbekomme, weiß ich noch nicht, aber ich kann schon verraten: Es wird spannend.
Als ich also am Abflugtag um 5:30 Uhr wieder aufwachte nahm ich mir also das Handy und schaute mir das Ganze einmal genauer an. Was mir als erstes auffiel war, dass wir früher abfliegen sollten. Statt um 11:41 Uhr nun um 11:14 Uhr. Das sollte zwar dann ein wenig enger werden, aber zu schaffen sein. Erst, als ich ein wenig wacher wurde, hat mein Kopf die Information „DTW“, also Detroit zur Kenntnis genommen, was so gar nicht zu „JFK“ passen sollte. Daher schaute ich mir den Flug noch einmal genauer an.
Erste Feststellung: Der Flug RSW nach JFK wurde gecanceled. Zweite Feststellung: Wir sollten nun RSW - DTW fliegen und dann DTW - AMS. Dort sollten wir unseren ursprünglichen Flug nach Berlin bekommen. Nun gut. Das war insofern ärgerlich, als dass wir uns in der KLM-Maschine JFK nach AMS Premium Economy-Sitze für 180 Euro dazugekauft haben. Daher schnell die Sitzplätze in der RSW - DTW-Maschine geprüft: Nichts mehr frei, außer drei Plätze irgendwo im Flugzeug verteilt, jeder in der Mitte - na toll. Anschließend unseren nächsten geplanten Flug DTW - AMS geprüft: Gleiches Bild: Irgendwo in der Maschine drei Plätze in der Mitte im ganzen Flugzeug verteilt. Alle Premium Economy-Sitze ausgebucht. Das versprach ja schon einmal ein toller Flug zu werden.
In den beliebten VOX- und RTL-Dokus würde jetzt die Stimme im Hintergrund sagen „Wenn sie gewusst hätten, dass das die kleinste Sorge gewesen wäre, hätten sie sich an dieser Stelle wohl noch gefreut - denn diese Flüge sollten sie gar nicht bekommen…“
So sind wir also zum Flughafen gefahren und bevor wir uns wieder unserem Rückflug zuwenden hier noch die Auflösung zur Rückgabe des Wagens bei Sixt: Auch das eine glatte „1“. Wie bei allen anderen Autovermietungen üblich stellt man seinen Wagen einfach nur ab, ein (oder eine) Mitarbeiter:in kommt auf einen zu, fragt, ob man Probleme hatte, nimmt dem Schlüssel, schaut einmal um den Wagen rum und fertigt die Quittung: „Everything is fine, is „receipt by email“ OK for you?“. Also lief auch hier alles glatt und wir können uns wieder dem Haupt-Schauplatz zuwenden:
Am Schalter von Delta-Airlines war alles leer und so kamen wir schnell dran. Wir stellten unser erstes Gepäckstück auf die Waage und gaben der Dame „Rebecca“ unsere Pässe. „To Berlin?“, fragte sie. „Yes“ war meine Antwort. Aus den Lautsprechern am Flughafen dröhnte ein Klingelton: „local time: It is 9:30 am“ und Rebecca fing an auf der Tastatur zu tippen…
…und zu tippen…
…und zu tippen…
…ihr persönliches Handy zu nehmen und etwas nachzuschauen…
…und zu tippen…
…und zu tippen…
Wir wurden langsam nervös, waren aber noch ruhig.
…und zu tippen…
Aus den Lautsprechern am Flughafen dröhnte ein Klingelton: „local time: It is 10:00 am“ und Rebecca tippte noch immer.
Dann unterbrach sie ihre Stille und sagte: „I am sorry, but I cannot get you on the plane Amsterdam to Berlin, my knowledge ends here, hold on“ und sie rief jemanden am Telefon an. Zwischendurch konnte ich Wortfetzen, wie „Virgin“ oder „London“ verstehen und wir wurden nervöser.
Es wurde nun also telefoniert und getippt…
Dann legte sie auf. Die Kurzversion: Es gibt keinen Flug morgen von Amsterdam nach Berlin. Wir müssten uns jetzt entscheiden, ob wir heute nach Amsterdam fliegen wollen und dann übermorgen nach Berlin (also am Montag, statt am Sonntag) oder ob wir noch einen Tag hierbleiben wollen und dann erst morgen die ganze Strecke fliegen, also auch erst am Montag in Berlin ankommen. Wir diskutierten exakt 30 Sekunden: Wir wollten heue fliegen und dann in Amsterdam schauen - also bitte das buchen.
Es wurde nun also wieder getippt…
…und getippt…
…und getippt…
Alle weiteren Gespräche schreibe ich jetzt einmal auf Deutsch, sie fanden aber auf Englisch statt:
Wir hätten mit unserer Entscheidung zu lange gewartet (30 Sekunden) und unser Flug nach Amsterdam wäre inzwischen heute auch nicht mehr buchbar. Sie kann uns nur noch morgen aus RSW wegbringen.
Puh!
Ich meinte noch, wir haben weder ein Hotel, noch ein Auto, noch sonst irgendwas. Sie meinte: Kein Problem, wir buchen Ihnen erst jetzt einmal einen Flug für morgen und dann klären wir den Rest.
Es wurde also wieder getippt…
…und getippt…
…und getippt…
Dann verschwand Rebecca und wollte sich um das Hotel kümmern.
Aus den Lautsprechern am Flughafen dröhnte ein Klingelton: „local time: It is 10:30 am“.
Nach 15 Minuten kam Rebecca wieder und eröffnete uns, dass es wegen des Hurricans kein Hotel in Ft. Myers gebe und sie nun noch ein wenig weiter weg suchen würden.
Sie verschwand wieder und forderte mein Organisationstalent heraus: Ich suchte selber nach einem Hotel. Es gab da eine Absteige in der Nähe.
Nach weiteren 10 Minuten kam nicht mehr Rebecca, sondern eine andere Frau zu uns, um uns zu erörtern, dass sie ein Hotel in Naples gefunden hätten, aber jetzt noch die Frage des Shuttles klären wollten.
Sie verschwand wieder und forderte mein Organisationstalent heraus: Ich suchte selber nach einem Mietwagen. Kostete für einen Tag bei Sixt rund 80$.
Aus den Lautsprechern am Flughafen dröhnte ein Klingelton: „local time: It is 11:00 am“.
Nun zeigte sich Rebecca wieder und kam mit einem Zettel auf uns zu. Auf diesen Zettel stand der Name, die Adresse und Telefonnummer eines Hotels in Ft. Myers. Dort hätten sie zwar kein Zimmer für Delta-Airlines mehr, aber wir sollten das Ganze auf unseren Namen buchen und uns die Kosten erstatten lassen, es wäre noch ein Zimmer frei, wenn wir das persönlich buchen. Rebecca schient genervt - wir selber näherten uns langsam diesem Zustand. Ich fragte, wie das mit dem Erstatten funktioniert und sie erklärte mir einen komplizierten Weg, der dann per E-Mail erfolgt, die Adresse würde sie uns gleich noch bringen.
Ich fragte, ob wir da jetzt hinfahren sollen oder erst anrufen, sie schlug letzteres vor. Ich wendete ein, dass ich kein Telefon habe, mit der ich US-Nummern anrufen kann (stimmt zwar so nicht, aber ich wollte die Kosten nicht tragen), also gingen Rebecca und ich zum Delta-Schalter, sie wählte die Nummer und drückte mir den Hörer in die Hand. Ich sprach mit dem Hotel, die mir eröffneten, dass sie keine Zimmer hätten. Ich drückte also Rebecca den Hörer in die Hand - nur für den Fall, dass ich da was falsch verstanden habe - die auch nochmal nachfragte, mit der gleichen Antwort.
Für Rebecca gab es inzwischen nur noch ein Ziel: Uns endlich loszuwerden! Sie verfolgte ihr Ziel, indem sie uns nun aufforderte, selber ein Hotel zu suchen uns einen Mietwagen zu nehmen und alle Kosten einzureichen, die E-Mail-Adresse hatten wir schon. Ich wollte ihren persönlichen Erfolg aber noch ein wenig herausfordern und fragte, ob es denn eine Obergrenze bei den Hotelkosten gebe, ich wollte schließlich nicht auf irgendwelchen Kosten sitzenbleiben. Sie eröffnete mir, dass es die wohl gibt und verschwand, um nachzufragen…
Aus dem Raum, in dem Rebecca verschwand kamen zwischendurch immer wieder ein paar andere Mitarbeiter:innen und so war ich nicht erstaunt, dass nach 10 weiteren Minuten ein Mann aus dem Raum kam, zu einem Schalter ging und mir zuwinkte. Da wir ja vorne an einem anderen Schalter stehen, dachte ich, er denkt, ich würde in der Schlange stehen und winkte ihm daher ab. Er wurde dann ein wenig energischer beim „mir zuwinken“, so dass ich dann doch zu ihm ging.
„Wir haben einen Flug für Sie, der geht heute. Sie fliegen über Atlanta, dann nach Frankfurt und dann mit Lufthansa nach Berlin. Ob das für uns OK wäre?“ - Auf jeden Fall, soll er so buchen!
In den beliebten VOX- und RTL-Dokus würde jetzt die Stimme im Hintergrund sagen „Wenn sie gewusst hätten, dass der Umstieg zu Lufthansa die kleinste Sorge gewesen wäre, hätten sie sich an dieser Stelle wohl noch gefreut - denn diese Flüge sollten sie gar nicht bekommen…“
Unsere neue Reiseroute sah nun also wie folgt aus: RSW - ATL - FRA (alles mit Delta), dann FRA - BER mit Lufthansa. Abflug in etwas mehr als einer Stunde. Unsere Laune verbesserte sich erst- und einmalig an diesem Tag.
Es wäre jetzt allerdings zeitlich zu knapp, uns für alle drei Segmente einzuchecken, wir müssen daher in Atlanta auf jeden Fall noch einmal zum Schalter gehen und uns dort eine Bordkarte holen, das schien machbar.
Die Koffer-Tags wurde angebracht (gleich bis Berlin), wir begaben uns zur Sicherheitskontrolle und flogen dann von RSW nach ATL. Dort angekommen hatten wir noch rund 2 Stunden Zeit. In Atlanta gingen wir wie befohlen zunächst zu einem Delta-Schalter und teilten dem Mitarbeiter unsere Lage mit. Er begann zu tippen…
…und tippte…
…und tippte…
fragte dann eine Mitarbeiterin und tippte…
Um uns dann mitzuteilen, dass er leider keinen Zugriff auf das System der Lufthansa habe und er uns deswegen keine Bordkarte ausstellen könnte. Wir sollen aber hier zum Gate gehen und den Mitarbeiter:innen dort noch einmal das Problem schildern. Das erschien uns logisch und wir würden das dann in Frankfurt klären. Er druckte uns unseren Flugplan noch einmal aus und wir gingen zum Gate.
Dort saßen schon die Delta-Mitarbeiter „Kendrick“ und „James“, noch völlig unmotiviert, was zwei Stunden vor Abflug ja auch normal sein mag. Ich näherte mich also Kendrick, zeigte ihm unsere eben ausgedruckten Flugplan und sagte, wir brauchen noch eine Bordkarte. Er nahm unseren Reiseplan, tippte kurz auf dem Rechner und sagte, es sei alles in Ordnung. Ich meinte, ich hätte aber noch keine Boarkdarte, worauf James meinte, sie würden hier mit Gesichtserkennung arbeiten und da auf meinem Flugplan ja ein Barcode stehen würden, würde das schon passen. Also gingen wir noch schnell etwas essen und kamen dann zum Gate zurück.
Das Boarding beginnt in den USA oft ja schon früh, so dass rund 55 Minuten vor Abflug geboarded wurde. Als wir dran waren ging ich als erstes zur Gesichtserkennung, die dann aber sagte „See agent“. Ebenso bei meiner Frau und meinem Sohn. Kendrick zog uns sehr unfreundlich zur Seite, nahm unseren Flugplan und tippte…
…und tippte…
…und tippte…
Dann schaute er noch einmal auf den Reiseplan und meinte, unser Flug wäre ja erst für morgen gebucht, dort würde ja auch der 6.11. stehen. Ich habe ihm erzählt und gezeigt, dass der 6.11. ja die Ankunft in Frankfurt wäre, hier beim Abflug stünde ja auch der 5.11.!
Er schaute noch einmal, blieb stur beim 6.11. und dass das ja erst morgen wäre.
Inzwischen betrat eine weitere Protagonistin von Delta die Arena: Lorraine, aka Miss Obercool. Sie ließ sich unseren Reiseplan geben und begann zu tippen…
…und uns dann zu sagen, dass unser Flug ja erst morgen gehen würde, das stünde ja auch auf unserem Reiseplan. Ich habe auch ihr erklärt, dass der 6.11. dort für die Ankunft in Frankfurt steht und beim Abflug ja der 5.11.
Sie tippte und meinte dann „Moment, bei Ihnen stehen ja zwei Flüge drin, einer für heute und einer für morgen. Aber das Ticket läuft auf den für morgen.“ Ich erklärte ihr noch einmal die bisherige Umbuchungs-Arie und sie verstand. Da müsste dann aber das Ticket für heute neu ausgestellt werden. Sie tippte…
…und die Leute stiegen in die Maschine…
…und sie tippte...
und meinte dann, das könne sie hier nicht machen, Kendrick müsste mal „GAC“ anrufen.
GAC ist eine Abkürzung für was auch immer, ich würde sagen, das steht für „Wenn Sie wenig Zeit haben und dringend etwas benötigen, rufen sie jeden an, aber nicht GAC“.
Es dauerte 20 Minuten, bis Kendrick mit GAC sprechen konnte. Diese verwiesen ihn an GAC international, da es ja ein Langstreckenflug sei.
Lorraine eröffnete uns schon einmal, dass wir innerhalb der nächsten 10 Minuten das Ticket bräuchten, sonst kämen wir nicht mit.
Sie zeigte dann auf das Gate gegenüber, wo um 20:30 Uhr eine Maschine nach Amsterdam ging und meinte, sie würde uns da versuchen einzubuchen. Die Kiste wäre zwar voll, aber „sie wüsste da was…“.
Vorlauftaste: GAC schaffte es nicht, das Ticket in den 10 Minuten auszustellen, wir konnten dem Flieger beim Pushback und Verlassen des Gates zuschauen.
Lorraine hatte uns inzwischen für morgen(!) eine Reservierung nach Amsterdam eingebucht für das GAC das Ticket ausstellen möge. Sie würde das dann alles andere hier klären.
In den beliebten VOX- und RTL-Dokus würde jetzt die Stimme im Hintergrund sagen „Wenn sie gewusst hätten, dass der Abflug morgen die kleinste Sorge gewesen wäre, hätten sie sich an dieser Stelle wohl noch gefreut - denn diese Flüge sollten sie gar nicht bekommen…“
In der Wartezeit auf GAC wurde dann der Ablauf und die gemachten Fehler ausdiskutiert. Nachdem man uns zuerst vorwarf, wir wären zu spät zum Schalter gekommen, war schnell geklärt, dass ich sowohl rechtzeitig am Schalter, als auch am Gate vorgesprochen hatte. Kendrick wollte zwar nach wie vor nicht einsehen, dass er einen Fehler gemacht hatte, schließlich stand ich ja auf der Liste, aber Lorraine hat ihn dann mehrmals zusammengefaltet, dass wenn ein Kunde hier steht und explizit nach einer Bordkarte fragt, da etwas nicht stimmen kann und man nicht nur auf diese Liste zu schauen hat. Das hat gesessen.
Für alle, die bis hier mitgelesen haben, die Fehlerkette:
Zunächst einmal in RSW. Hier hatten sie den Flug für morgen zwar eingebucht, aber dann nicht wieder storniert, als wir auf heute umgebucht wurden. Dort hätte man das Ticket neu ausstellen müssen. Das hat aber vielleicht aufgrund der Zeit nicht mehr geklappt, daher hat man uns erst einmal nach Atlanta geschickt.
Am ersten Schalter in Atlanta hätte man sehen müssen, dass es sich hierbei nur um eine Reservierung handelt und das Ticket erst für morgen ausgestellt war. Da war mal wohl wegen Lufthansa so durcheinander, dass man das übersehen hat. Spätestens aber Kendrick am Gate hätte den Fehler bemerken müssen, hat aber nur auf seine Liste geschaut, auf der wir wegen der Reservierung ja drauf standen.
In der Zwischenzeit hatte Kendrick sich von uns(!) ein Ladegerät für sein Handy geliehen, weil er ja bereits seit 90 Minuten mit GAC telefonierte und sein Akku dem gleichen Zustand wie unsere Verfassung näherte: Völlig ausgelaugt.
Endlich konnte er mit GAC sprechen, die Passagiere zum heutigen Flug nach Amsterdam wurden bereits darauf hingewiesen, dass das Boarding nach Amsterdam in 10 Minuten beginnt.
Vorher war aber noch „Tipp-time“. Kendrick nahm sich eine Tastatur und tippte…
…und tippte…
…und tippte…
…und tippte…
…und druckte…
…uns 6 Boardkarten aus.
Diese hielt er uns freudestrahlend entgegen und sagte uns: „Sie haben jetzt gesichert Plätze in der Maschine nach Amsterdam…
…um 23:25 Uhr. Und dann um 16:25 Uhr von Amsterdam nach Berlin, also mit 4 Stunden in Amsterdam. Ich gehe jetzt nach drüben und versuche, Sie noch in die Maschine nach Amsterdam zu kriegen, die gleich startet, kommen sie schon einmal mit.“
Wir sind also alle hinter ihm her zum Schalter gegenüber, wo bereits das Boarding für den 20:35 Uhr-Flug nach Amsterdam begonnen hatte. Eine weitere Protagonistin, die allerdings wegen der Kürze ihres Auftrittes hier im Bericht nicht verdient hat, mit vollem Namen genannt zu werden, tippte auf der Tastatur und sucht uns die drei Plätze.
Ich erlaubte mir die Frage, was denn mit unserem Gepäck wäre, es war schließlich rund 20 Minuten vor Abflug. Das komme AUF JEDEN FALL mit, das wäre so ÜBERHAUPT GAR KEIN, ja noch NICHT EINMAL ANSATZWEISE auch nur die Spur eines Problems.
Warum ich bei dieser Antwort misstrauisch wurde, muss an meinem Verfassungszustand gelegen haben und soll hier nicht weiter beachtet werden.
Die Dame suchte nun also Plätze. Da ich wusste, dass wir auf der 23:25 Uhr-Maschine zumindest zwei zusammehängende Plätze hatte (wir hatten ja die Boardkarten) und die Damen meinte, dass die in der jetzigen Maschine aber auf jeden Fall irgendwo im Flieger wären, fragte ich kurz meine Frau, ob wir lieber hier noch drei Stunden warten und in Amsterdam dann vier, mit der Chance, dass unser Gepäck noch ein wenig mehr Zeit hat, oder lieber gleich fliegen und in Amsterdam dann sieben Stunden warten. Wir entschieden uns, noch drei Stunden in Atlanta zu verbringen und dem Gepäck noch ein wenig mehr Zeit zu geben.
In den beliebten VOX- und RTL-Dokus würde jetzt die Stimme im Hintergrund sagen „Wenn sie gewusst hätten, dass ihre Entscheidung keinen Einfluss auf das Gepäck hatte, wären sie vielleicht lieber gleich geflogen, denn das Gepäck kam bei keinem der beiden Flüge mit…“
Nun saßen wir also weitere drei Stunden in Atlanta herum, konnten auch dem ersten Amsterdam-Flug beim Pushback zusehen und einen guten Flug wünschen. Wir jedenfalls gingen erst einmal in die Lounge.
Obwohl wir ja nun Boradkarten in der Hand hielten, war uns nach dem ganzen Chaos dennoch ein wenig mulmig und ich wollte daher bei Delta noch einmal nachfragen, ob wir denn nun sicher(!) mit der 23:25 Uhr-Maschine mitkämen. Daher ging ich zum Empfang an der Lounge und fragte, wo hier der nächste Delta-Schalter wäre, weil ich meinen Ticket-Status überprüfen wollte. „Oh, das kann ich gleich hier machen, geben Sie mir mal bitte das Ticket“. Sie scannte den Barcode…
…und tippte…
…und tippte.
Nun ist es ja so, dass ich selber in der EDV-Branche arbeite und daher auch gelegentlich einmal auf Tastaturen herumtippe. Darum macht mich das zunächst einmal nicht weiter nervös, wenn das mal länger dauert. Eh man sich durch alle Menüs gequält hat usw. das kann schon dauern.
Ich habe euch ja vor einiger Zeit den Hausfrauen-Effekt und den von mir ins Leben gerufenen Hausmann-Effekt gezeigt.
Zum Abschluss meiner Reise kann ich nun noch die Carsten-Formel ergänzen, die ich wie folgt definiere:
Der Schwierigkeitsgrad eines Problemes (S) ist gleich der Anzahl der Tastaturdrücke (Summe A) mulitpliziert mit der Differenz des Gesichts-Ausdruckes (G) zu Beginn der Tastaturnutzung (G-anfang) und zum Ende der Tastaturnutzung (G-ende).
Oder als Formel: S = Summe (A) * (G-ende - G-anfang)
Im Umgekehrten Verhältnis dazu steht die Einfachheit der Problemlösung (L). Das heißt: L = 1/S, also je höher der Schwierigkeitsgrad des Problems, desto geringer die Einfachheit der Problemlösung.
Auf die Dame am Empfang angewendet bedeutete das, dass es wohl wieder ein Problem gab. Der größte Faktor war dabei ihr Gesichts-Ausdruck, der sich in folgenden Stufen änderte:
-Das schaffe ich
-Das muss ich mir jetzt doch noch einmal genauer anschauen
-In welchem Menü war das noch einmal?
-Das verstehe ich nicht
-Hatten wir das in der Schulung?
-Ich krieg das nicht hin
-Wie werde ich den Kunden jetzt wieder los?
Kurz: Ich sollte dann dich lieber einmal zum Schalter gehen, der befindet sich hier unten links.
Am Schalter angekommen, schilderte ich das Problem und bat darum, noch einmal, nein zweimal oder dreimal zu prüfen, ob diese Boardkarte den Zutritt zum Flugzeug ermöglicht und dass es sich hierbei weder um eine Reservierung, noch um einen Flugplan handelt und das Ticket auch nicht noch einmal neu ausgestellt werden muss. Der Mitarbeiter tippte…
..und tippte…
…und meinte, wir hätten in Amsterdam zwei Flüge auf dem Ticket, welchen wir jetzt nehmen wollten?
Ich sagte, er möge einen Schritt zurückgehen und mir zunächst bestätigen, dass wir dem Flug ATL-AMS auf jeden Fall bekommen und dass es sich hierbei weder um eine Reservierung, noch um einen Flugplan handelt und das Ticket auch nicht noch einmal neu ausgestellt werden muss. Der Mitarbeiter tippte, nickte dann mit dem Kopf und sagte. „yes, sir“.
Ich fragte: „Wenn er jetzt nichts mehr weiter am Ticket macht, welchen Flug wir in Amsterdam dann bekommen würden?“. Er meinte, den um 16:25 Uhr.
Ich bat ihn, sofort alle Finger von der Tastatur zu nehmen und nichts, aber auch gar nichts an dieser Buchung mehr zu ändern. Er fand das wohl komisch, nahm aber seine Finger von der Tastatur und gab mir die Boardkarte zurück.
Meine Zuversicht stieg von 0% auf 20%. Ich wollte aber mehr: Also ging ich zum Delta-Schalter in einer anderen Halle:
Am Schalter angekommen, schilderte ich das Problem und bat darum, noch einmal, nein zweimal oder dreimal zu prüfen, ob diese Boardkarte den Zutritt zum Flugzeug ermöglicht und dass es sich hierbei weder um eine Reservierung, noch um einen Flugplan handelt und das Ticket auch nicht noch einmal neu ausgestellt werden muss. Der Mitarbeiter tippte…
…und tippte…
…und tippte…
…nickte dann mit dem Kopf und sagte. „yes, sir“.
Meine Zuversicht stieg von 20% auf 50%, aber ich wollte mehr. Inzwischen war es zwei Stunden vor Abflug und ich schaute einmal am Gate vorbei, ob schon jemand da war. Es war!
Am Gate angekommen, schilderte ich das Problem und bat darum, noch einmal, nein zweimal oder dreimal zu prüfen, ob diese Boardkarte den Zutritt zum Flugzeug ermöglicht und dass es sich hierbei weder um eine Reservierung, noch um einen Flugplan handelt und das Ticket auch nicht noch einmal neu ausgestellt werden muss. Die Mitarbeiterin tippte…
…und tippte…
…und tippte…
…und wollte unsere Reisepässe haben…
…scannte den ersten ein…
…und tippte…
…und tippte…
…scannte den zweiten ein…
…und tippte…
…und tippte…
…scannte den dritten ein…
…und tippte…
…und tippte…
…scannte den ersten erneut ein…
…und tippte…
…und tippte…
Mit jedem Einscannen sank meine Zuversicht um ein paar Prozente.
Sie meinte dann, sie könne unsere Pässe nicht „clearen“, aber wenn das am Gesichtsscanner passieren würde, würden sie dass manuell machen.
Ich horchte kurz auf und wartete ein paar Sekunden, aber da an dieser Stelle keine der beliebten VOX- und RTL-Doku-Stimmen hörte, stieg meine Zuversicht auf rund 80%.
Die Kurzversion: Der Gesichtsscanner fand selbige trotz des inzwischen mehr als 8-stündigem Aufenthalt in Atlanta für einsteigenswürdig und so konnten wir endlich nach Amsterdam fliegen. Dort verlief dann alles weitere problemlos, wir mussten wie angekündigt weitere 4 Stunden warten und kamen dann völlig erschöpft und ausgelaugt zuhause an. Insgesamt hat der Rückflug daher mehr als 25 Stunden gedauert mit mehr als 8 Stunden in Atlanta und 4 Stunden in Amsterdam.
Wie erwartet war keiner unser vier Koffer mitgekommen. Aber in der Delta-App konnten wir schon sehen, dass diese später nachkommen. Interessanterweise fliegen drei über Paris und einer über Amsterdam. Zwei der drei kommen mit der Morgenmaschine aus Paris nach Berlin, der aus Amsterdam mittags und der dritte aus Paris um 17:00 Uhr. Nicht fragen, nur wundern.
Und so hänge ich nun in der eingangs erwähnten Warteschleife bei der Gepäckermittlung in Berlin, um zu fragen, wo ich diese Koffer abholen kann.
In den beliebten VOX- und RTL-Dokus würde jetzt die Stimme im Hintergrund sagen „Wenn sie gewusst hätten, dass das Abholen der Koffer noch nicht das Ende der Geschichte ist, hätten sie sich vielleicht gefreut, so aber…“
Das Beste (aus dramaturgischer Sicht) geschah dann aber nicht während der Reise, sondern wurde erst jetzt klar. Neben vielen Erlebnissen, Empfindungen und Einkäufen, haben wir noch eine weitere Sache mitgebracht: Meine Frau und mein Sohn haben sich vor Ort mit Corona angesteckt. Dann können die wenigstens in Ruhe ausschlafen.
Damit endet dann unsere Reise und der Bericht dazu und ich hoffe, ihr hattet viel Spaß, mit uns zu reisen. Ihr habt die schönen Seiten nur virtuell miterleben dürfen, seid dafür aber auch von den unangenehmen Dingen verschont geblieben. Für uns waren es, von An- und Abreise einmal abgesehen, tolle Tage in Florida, in Cape Coral. Wir haben viel erlebt, ein paar neue Dinge gemacht aber auch vieles gesehen, was wir schon kannten. Aus unserer Sicht war es richtig und gut, dass wir den Urlaub so gemacht haben - das mögen andere aber anders bewerten...
Die Planungen für die Zukunft laufen schon, ob und wann wir wieder fahren wird sich zeigen.
Bleibt mir zum Schluss nur ein Danke und ein
thank you for traveled with us.
Carsten