Die erste Floridareise des jungen Florida-R.
Ich fand diesen thread hier schon immer sehr spannend, viele lustige und interessante Geschichten. Da es nun nur noch wenige Tage bis zum 20jährigen Jubiläum meiner ersten Reise nach Florida sind, habe ich mich entschlossen, auch ein paar Zeilen zu schreiben.
Den Urlaub verbrachte ich mit meiner damaligen Freundin. Wir waren ein paar Monate vorher zum Studieren nach Frankfurt gezogen und haben tatsächlich direkt am Flughafen ein „fly and drive-Angebot“ gebucht. Gefunden haben wir das Ganze, in dem wir die handschriftlich verfassten Angebote an den Schaltern gelesen haben. Ich glaube heute immer noch eine vollkommen normale Vorgehensweise, oder?
Den Urlaub hatten wir uns hart durch Nebenjobs erarbeitet, sauer verdientes Geld; entsprechend haben wir uns auf den Tag der Abreise gefreut.
Die Flüge gingen mit British Airways über London nach Miami und als ein Freund uns morgens zum Flughafen karrte, konnte ich fast nicht glauben dass es erstmalig über den großen Teich gehen sollte. Damals saß man tatsächlich auch auf den Zubringerflügen noch recht kommod, kein Vergleich zu den heutigen Viehtransportern.
In London herrschte am Flughafen großes Gedränge. Angeblich sollte David Beckham irgendwo ankommen und ich sah, wie rau es in dem Business zugeht. Völlig zu recht habe ich mich damals entschieden, nicht weltberühmt zu werden
Während der Wartezeit sahen wir tatsächlich noch eine echten Superstar, denn eine Concorde landete und starte auch später wieder. Ein Erlebnis.
Der Flug nach Miami war lang und als wir dann endlich angekommen waren, ging es nach einer schnellen Passkontrolle (ja, so war das damals) ohne großes Brimborium in den Empfangsbereich des Miami Airport. Ich glaube mich zu erinnern, dass es damals das Car Rental Center in der heutigen Form noch nicht gab und wir mit einem Bus zur Mietwagenfirma gekarrt wurden, ein großer Parkplatz mit einem Häuschen drauf. Das ist mir so präsent, denn der Fahrer bedankte sich für unser Erscheinen ( „Because you come to the US, I have a job“).
Nach dem Abarbeiten einer endlosen Schlange gab uns ein tatsächlich englisch sprechender Mitarbeiter (soll ja heute nicht unbedingt eine Einstellungsvoraussetzung für die Arbeit am MIA-Airport sein) unser erstes richtiges Ami-Traumfahrzeug: ein weißer Chrysler Neon. Etwas beunruhigend war die ausführliche Belehrung über die richtigen Routen von und zu dem Flughafen, und das man lieber nicht davon abweichen sollte. Erst kurz vorher hatte man die speziellen Kennzeichen der Mietwagen abgeschafft. Miami war damals ein heißes Pflaster.
Für die erste Nacht war ein Hotel im Paket, praktischerweise direkt neben der Mietwagenstation. Das war gut so, denn wir waren ordentlich müde. Auf der kurzen Fahrt übten wir das Kopfnicken, es war meine erste mit Automatik und der linke Fuß musste erst lernen, das auch er Urlaub hatte.
Der nächste Tag begann sehr früh. Nie werde ich den ersten Morgen vergessen. Diese Luft, das Licht am frühen Morgen, dieses Schwüle und die Feuchtigkeit, die auf den Autoscheiben kondensiert war. Und das ständige Brummen der Stadt, Verkehr hört sich noch heute in den USA anders an als zu Hause.
Wir sind dann auch gleich losgefahren, Richtung Miami Beach und dann auf der A1A Richtung Norden. Auch 1998 die Atlantikküste schon solide betoniert. Gefrühstückt haben wir in Fort Lauderdale, in einem kleinen Café, direkt am Strand. Herrlich.
Es ging weiter Richtung Jupiter Inlet, wo wir uns ein Motelzimmer gesucht haben. Ja, gesucht, denn wir hatten nix vorgebucht. Meistens haben wir uns mit den Coupons aus „Florida on the go“ orientiert. Und das alles ohne Navi. Wie ging das nur?
Auf unserer Rundreise fuhren wir nördlich bis St. Augustine (ach, da war ich auch schon zu lange nicht), von dort aus über Ocala (wo wir eine tolle Wanderung in teilweise beunruhigender Einsamkeit durch den Ocala National Forest machten) nach Mt. Dora. Der kleine Ort ist mir in sehr guter Erinnerung geblieben. Nach dem üblichen Orlando-Programm ging es nach Fort Myers. An einem dieser Tage verliebte ich mich in Sanibel Island.
Wir hörten auf den langen Fahrten immer schön Radio, denn so was Verrücktes wie ein CD-Player war im Chrysler nicht verbaut. In Erinnerung geblieben ist „Iris“ von den GoGoDolls, dass die Sender zu jener Zeit systematisch zu Tode spielten. Das Lied kann ich bis heute kaum ertragen.
Über die Everglades erreichten wir schließlich Key West, vielleicht damals noch nicht so überlaufen wie heute. Die Fahrten über die Brücken, ein Wahnsinn. Der Chrysler, wirklich eines der hässlichsten Autos, das ich je gefahren bin, leistete uns treue Dienste; an die Automatik hatte ich mich längst gewöhnt. Nicht so sehr an den Kaffee, den Starbucks und ein Hauch von Respekt für dieses Getränk war noch weit entfernt. Dafür gab es Styroporbecher und die Plörre war auch 4 Stunden später noch kochend heiß. Das Tanken war damals auch ein echtes Abenteuer, pay at the pump gab es noch nicht und der Hebel an der Zapfsäule war jedesmal irgendwo anders angebracht.
Irgendwo auf den Keys buchten wir uns mit einem Coupon ein Zimmer und waren in einem kleinen Häuschen auf einem Resort-Gelände untergebracht. Wir wollten nach einem langen Tag ins Bett, als wir mehrere Ameisenstrassen vor dem Bett bemerkten. Der Versuch umzubuchen scheiterte, statt dessen wollte man uns die chemische Keule empfehlen. Wir sind dann noch spontan in ein Motel umgezogen, so etwas habe ich seitdem erfreulicherweise nicht mehr erleben müssen. Im Motel ging meine Freundin ins Bad, auf einmal ein Schrei. Ein Gecko hatte sich direkt auf den Badezimmerspiegel gesetzt. Ich konnte ihn einfangen und in die Freiheit entlassen. Intensive Kontakte zur Tierwelt, die wir am nächsten Tag bei Schwimmen mit Delfinen fortsetzen konnten. Hat damals für uns beide mit einem Coupon 50 Dollar gekostet...
Von KeyWest ging es wieder nach Miami, in North Beach hatten wir ein recht preiswertes Hotel gefunden. In den letzten beiden Tagen vor dem Abschluss erkundeten wir Miami, für mich unvergesslich war das Holocaust-Museum. Und Key Biscane , schon damals sehr nobel.
Nach 2 Wochen ging es wieder in die Heimat, rückblickend haben wir ein unglaubliches Pensum absolviert, da hätte ich ehrlich gesagt heute keine Lust mehr drauf. Aber die Bilder zeigen es: wir waren jung, unfassbar jung.
Seit dieser Zeit geht es regelmäßig in die USA, meine Frau und ich durften auch zwei Jahre in Michigan leben.
Heute sind die Urlaube anders, klar mit Kindern reist man doch langsamer. Über Handytarife, Navigation und regelmäßiges Melden in der Heimat haben wir damals keinen Gedanken verschwendet.
Danke an alle, die mir in die Vergangenheit gereist sind und an die, die ihre Story erzählt haben und noch erzählen werden.